TAGUNGEN
Den Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland und Polen kommt im Bereich der Verständigungsarbeit eine wichtige Rolle zu und gerade durch den binationalen Austausch kann der Blick für die sensiblen und spannungsreichen Aspekte in der deutsch-polnischen Geschichte geschärft werden. HAUS SCHLESIEN versucht hier mit seinen Tagungs- und Seminarangeboten einen Beitrag zu leisten.
75. GRÜNDUNGSJUBILÄUM DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
Demokratie erwandern – ein Spaziergang durch die Gründungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland
Ein Kooperationsprojekt der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus und des Dokumentations- und Informationszentrums von HAUS SCHLESIEN
Donnerstag, 29. August, 14.00 bis Freitag, 30. August 2024, 17.00
Veranstaltungsort: Haus Schlesien, Dollendorfer Landstr. 412, 53639 Königswinter
Demokratie ist kein Selbstläufer, wenn sie dauerhaft bestehen soll. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen jeweils ihre eigenen Schritte mitgehen, damit Demokratie funktioniert – die Schritte zum Wahllokal etwa. Wir wollen mit Ihnen gemeinsam – anlässlich des 75. Gründungsjubiläums der Bundesrepublik Deutschland – Orte der Demokratiegeschichte erwandern und dabei zugleich die wunderschöne Landschaft des Siebengebirges genießen.
Das Seminar beginnt mit einem einführenden Vortragsteil im Haus Schlesien, wo auch übernachtet werden kann. Am zweiten Tag brechen wir zu Fuß zum nahegelegenen Petersberg auf, wo nicht nur grandiose Aussichten über das Rheintal auf uns warten, sondern auch ein zentraler Ort der westdeutschen Staatswerdung (Führung „Schauplatz Petersberg“). Von dort geht es – nach einer Mittagspause – hinunter zum früheren Wohnhaus des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer in Rhöndorf (Führung). Von dort Rückkehr mit dem ÖPNV ins Haus Schlesien und Ausklang. Auf Wunsch kann dort individuell eine weitere Übernachtung gebucht werden. Die vorgesehene Wanderung zu Fuß umfasst insgesamt knapp 9 Kilometer und ist von allen Interessierten mit durchschnittlicher Mobilität und Fitness im vorgesehenen Zeitrahmen zu bewältigen. Auch für diejenigen, die nicht an der Wanderung teilnehmen können, finden sich Möglichkeiten.
Das genaue Programm (insbes. Vorträge) wird so bald als möglich bekanntgegeben.
Teilnehmerbeitrag 140 Euro/Person (1 Übernachtung m. Dusche/WC, 1 Abend- und 1 weiteres Essen, Pausenversorgung mit Kaffee, Mineralwasser, Gebäck), ohne Übernachtung 85 Euro/Person.
Mitglieder des Vereins Haus Schlesien: 120 € mit Übernachtung, 70 € ohne Übernachtung.
Begrenzte Teilnehmerzahl! Daher wird um möglichst zeitnahe, verbindliche Anmeldung bei Haus Schlesien gebeten.
Kontakt: Tel.: +49(0)2244 886 231; E-Mail: kultur@hausschlesien.de
Bitte bei der Anmeldung das Stichwort »Bundesrepublik 75« sowie Name(n) und Kontaktdaten angeben.
OPA LEBT IN OBERSCHLESIEN / ALLES POLEN ODER WAS?!
„Alles Polen – oder was?! Oberschlesische (Spät-)Aussiedler zwischen regionaler Identität und Migrationsgesellschaft“
Eine Tagung im HAUS SCHLESIEN (16. – 17.11.2024)
„Sind Oberschlesier Deutsche oder Polen? Wenn sie Deutsche sind, warum haben sie aber einen polnischen Akzent? Und wenn sie einen polnischen Akzent haben, wie können sie dann Deutsche sein? Und wenn sie Deutsche sind, warum haben viele von ihnen polnischklingende Namen? Und wenn sie Polen sind, warum benutzen sie so viele deutsche Wörter, wenn sie polnisch sprechen? Und warum sagen einige, dass sie weder Polen noch Deutsche sind?“
Ihnen kommen diese Fragen bekannt vor? Das mag daran liegen, dass Sie eventuell selbst irgendwann aus Oberschlesien in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelten und viele Male mit Menschen sprachen, die zwar an Ihrer Herkunft interessiert waren, jedoch die Komplexität der oberschlesischen Identität bei Weitem nicht nachvollziehen konnten.
Irgendwie nicht ganz ausländisch, aber auch nicht wirklich deutsch? Mit einem oziellen Status versehen (Aussiedler), auf zwei Stühlen sitzend, mit dem Gefühl sich für eine (nationale) Seite entscheiden zu müssen… Auch das kommt Ihnen bekannt vor? Dann sollten Sie an unserem Seminar im November teilnehmen. Das Seminar richtet sich vorrangig an (oberschlesische) Aussiedler, Spätaussiedler und deren Nachkommen sowie sämtliche Interessierte mit (familiären) Bezügen nach Oberschlesien. Die eingeladenen Wissenschaftler, Autoren und Kulturschaenden werden sich während der zweitägigen Veranstaltung im Rahmen von Lesungen und Präsentationen aus unterschiedlichen (zum Teil persönlichen) Blickwickeln mit Begrien wie Identität, Integration, Anpassung, Familie und familiäre Wurzeln auseinandersetzen. Zudem sollen die Teilnehmer selbst die Möglichkeit erhalten, ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Dialog austauschen zu können.
Darüber hinaus ist eine Exkursion zu einem besonderen Ort geplant, an dem die Teilnehmenden einige spannende Überraschungen erwarten. Zurzeit wird auf Hochtouren am Programm gearbeitet
– Details folgen in Kürze.
Weitere Informationen unter Tel. 02244 886 234 oder wojtala@hausschlesien.de.
Tagungsbericht: OPA LEBT IN OBERSCHLESIEN – zwischen regionaler Identität und Migrationsgesellschaft
Am 06. und 07. Mai fand bereits zum dritten Mal die Tagung „Opa lebt in (Ober-) Schlesien“ statt, die vom Dokumentations- und Informationszentrum ausgerichtet und aus den Mitteln des Kulturreferats für Oberschlesien finanziert wurde. Das zweitägige Seminar richtete sich hauptsächlich an die jüngere Generation der in Oberschlesien verwurzelten Aussiedler, die bereits in einem deutsch-polnischen Umfeld bzw. beiderseits der Grenze aufwuchsen. Den Teilnehmenden wurden interessante Vorträge und Präsentationen rund um die Themen „Identität“, „kulturelle Vielfalt“ und „Migration“ geboten.
Bereits im Vorfeld der Veranstaltung fand auf unserem Facebook-Kanal im Internet eine hitzige Diskussion darüber statt, ob es überhaupt zulässig sei, Heimatvertriebene, Flüchtlinge und (Spät-) Aussiedler als „Migranten“ zu bezeichnen, wobei die neutrale Bedeutung des Begriffs größtenteils ignoriert wurde. Über die unterschiedlichen Migrationsströme aus und nach Oberschlesien seit dem 19. Jahrhundert referierte eindrucksvoll und leicht verständlich der Historiker von der Ruhr-Universität in Bochum Dr. Andrzej Michalczyk. Er spannte den Bogen von der Auswanderungsbewegung nach Amerika oder in das Ruhrgebiet im 19. Jahrhundert über die Zwangsmigration der Deutschen nach 1945 bis zu den Aussiedler-Ausreisewellen in die Bundesrepublik der 1980er und 1990er Jahre.
Die meisten Aussiedlerinnen und Aussiedler mussten nach ihrer Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland diverse Integrationsschwierigkeiten überwinden, nicht selten die deutsche Sprache lernen und einen Zugang zur westdeutschen Gesellschaft finden. Eine enorme Erleichterung konnte dabei der Mannschafssport sein, vorzugsweise der Fußball, da durch die permanente Interaktion mit anderen Menschen der Integrationsprozess begünstigt werden konnte, worüber der Direktor des Oberschlesischen Landesmuseums Dr. David Skrabania im Rahmen einer interessanten Präsentation z.T. aus eigener Erfahrung berichtete.
Der erste Tag wurde durch eine Führung durch die Dauerausstellung abgerundet. Am Sonntag ging es mit einem Vortrag zu einem Ort weiter, der vielen aus Oberschlesien in die Bundesrepublik übergesiedelten Menschen vertraut sein dürfte, da ihr Aufenthalt in diesem Land sehr oft hier begann: in der Landesstelle für Aussiedler, Zuwanderer und ausländische Flüchtlinge in Unna-Massen. Dazu stellten die Mitarbeiterinnen der Firma „KulturWissenSchaffen“ (Unna), Dr. Tina Ebbing und Kathrin Göttker eine eindrucksvolle Präsentation über die Gründung, den Sinn und Zweck sowie die Entwicklung dieser Einrichtung bis in die Gegenwart vor.
Einen Überblick über die Entfaltung der Landsmannschaft der Oberschlesier in Ratingen und vor allem über ihre Entwicklung, Probleme, Chancen und Möglichkeiten, die diese Institution hauptsächlich der jüngeren Aussiedlergeneration bieten kann, sprach der Kulturreferent der LdO, Christoph Martin Labaj. Er verwies in seiner Präsentation auf vorhandene Generationskonflikte, aber auch auf die positiven Entwicklungen innerhalb der LdO und nannte auch zahlreiche Lösungsvorschläge.
Die Krönung der Veranstaltung bildete ein Gespräch mit dem Filmemacher Andrzej Klamt, der seinen spannenden Film „Die geteilte Klasse“ vorstellte. Er begibt sich in dieser spannenden Dokumentation auf die Suche nach seinen ehemaligen Klassenkameraden aus der Grundschulzeit in Beuthen/Oberschlesien und lässt sie selbst ihre Schicksale schildern, die sie u.a. nach Deutschland verschlagen haben. Die anderen blieben in Oberschlesien. Mit vielen der erzählten Geschichten konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr gut identifizieren, was das abschließende Gespräch belegte.
Trotz überschaubarer Teilnehmerzahl, war die Tagung ein Erfolg, da die Gäste sich in den Inhalten der Vorträge nicht selten wiederfanden, im Rahmen der anschließenden Diskussionen ihre eigenen Erfahrungen mitteilten und es letztendlich zu regen Diskussionen kam. Nicht zuletzt bildet der Erfahrungsaustausch den Sinn und Zweck einer gelungenen Tagung, wie diese.
Adam Wojtala