
07. Dezember 2020


Die Heilige Familie ist hier einmal nicht als dreidimensionale Figurengruppe dargestellt, sondern im Blaudruckverfahren auf Leinen aufgebracht. Wenn sie auch durchaus beeindruckt, so ist die Heilige Familie in ihrem Stall jedoch nicht wirklich gedruckt. Denn obwohl man von Blaudruck spricht, handelt es sich eher um ein „Blau-Färben“. Das Motiv wird mit einer farbabweisenden Masse, dem sogenannten „Papp“ – eine kleisterartige Masse u.a. bestehend aus Tonerde, Gummiarabikum und Schmalz – auf den noch weißen Stoff übertragen. Zum Aufdrucken werden handgeschnitzte oder mit feinen Messingstiften und -blechen gearbeitete Model verwendet. Anschließend wird der Stoff mehrfach in eine aus Indigo, Kalk und Eisensulfat bestehende Farblösung getaucht, was dem Stoff die tiefblaue Farbe verleiht. Die aufgedruckten Motive nehmen dabei keine Farbe an, sodass sie sich weiß von dem sonst blauen Leinen abheben. Dieses Verfahren nennt man Reservedruckverfahren
Die Technik des Blaudrucks ist ebenso wie der blaue Farbstoff Indigo von Indien im Zuge des Ostindienhandels über England nach Mitteleuropa gelangt. Das Handwerk wird für Deutschland erstmals 1689 in einer Augsburger Chronik erwähnt und war auch in Teilen Schlesiens bekannt. Zu den ältesten Familien, in denen der Blaudruck betrieben wurde, zählte die Familie Stein aus dem schlesischen Steinau an der Oder. Schon seit 1633 existierte dort eine Färberei, in der später die Steins über mehrere Generationen Blaudrucke herstellten. Das älteste noch erhaltene Motiv „Josuar und Kaleb“ gestaltete Samuel Stein 1720 als Gesellenstück. Nach 1945 knüpfte ein Nachfahre der Familie – Gerhard Stein – in Pulsnitz an die alte Tradition an und eröffnete eine traditionelle Blaudruckerwerkstatt, in der er auch die alten Model einsetzte.