
17. Dezember 2020


Die Krippenherstellung hatte im „Grulicher Ländchen“ eine lange Tradition. Die Nähe zum Muttergottesberg, einem viel besuchten Wallfahrtsort, schuf die Möglichkeit sich als Herrgottschnitzer ein Einkommen zu schaffen. Neben einzelnen Heiligendarstellungen entstanden auch zahlreiche Krippenfiguren im Volksmund als Grulicher Manneln“bezeichnet. Während die Männer die Figuren schnitzen, war es meist die Aufgabe der Frauen und Kinder sie bunt zu bemalen. Die “Mannlmacher” im Adlergebirge arbeiten vornehmlich für den Handel und verfügten über ein gutes Vertriebssystem. „Grulicher Manneln“ wurden weit über die Region hinaus vertrieben, zum Beispiel in Dresden, Leipzig, Krakau oder Wien verkauft und sogar nach Russland und Amerika geliefert. Häufig wurden die Krippenfiguren in Kastenkrippen gesetzt. Dort tummelten sich dann neben den Hirten mit ihren Schafherden und den meist prachtvoll gekleideten Königen mit ihrem Gefolge nahezu alle in einem Dorf vertretenen Handwerker, wie Bäcker, Schornsteinfeger, Jäger oder Musikanten. Auch viele Frauen und Kinder – oft in heimischer Tracht – eilten, das Christkind zu sehen.
Auch diese Kastenkrippe stammt aus dem Grulicher Ländchen. Gefertigt wurde sie 1980 von dem letzten Grulicher Schnitzer Josef Schwarzer. Bis sie jedoch ins HAUS SCHLESIEN kam, war einige Überzeugungsarbeit notwendig. Der damalige Vereinspräsident, Klaus Ullmann, hegte Ende der 1970er Jahre den Wunsch, „in Erinnerung an die schlesische Krippentradition im HAUS SCHLESIEN auch ein echtes schlesisches Christkind“ zu haben. Nachdem in Deutschland keine echte schlesische Krippe zu bekommen war, bemühte er seine Kontakte zum Botschafter in Prag, er möge sich vor Ort umschauen und eine original schlesische Krippe besorgen. Dessen Besuch beim Krippenschnitzer in Grulich blieb jedoch ebenso erfolglos wie der von Klaus Ullmann selbst. Erst dem Fahrer des Botschafters gelang es schließlich, den alten Krippenschnitzer dazu zu bewegen, doch eine Krippe herzustellen. Und so kam schließlich im darauffolgenden Sommer statt zu Weihnachten die gewünschte Krippe – und das Staunen war groß, als statt der erwarteten kleinen Krippe für die Zimmerecke eine große Grulicher Kastenkrippen geliefert wurde. Seitdem hat HAUS SCHLESIEN sein „schlesisches Christkind“, wobei dieses schon lange nicht mehr das einzige ist.
