Mit der Ausstellung „Klosterdämmerung“ nimmt sich das Kulturzentrum HAUS SCHLESIEN in Königswinter eines der einschneidendsten Ereignisse in der deutschen Kirchengeschichte nach der Reformation an. Das umfangreiche dreiteilige deutsch-polnische Ausstellungsprojekt, das vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert wird, und mit einer Vielzahl polnischer und deutscher Partnerinstitutionen realisiert wurde, erinnert an die Säkularisation vor 200 Jahren, d.h. an die Enteignung kirchlichen Besitzes zu Gunsten des Staates sowie die Auflösung geistlicher Territorien mit Grundbesitz und Herrschaftsrechten in Preußen. Per Edikt von König Friedrich Wilhelm III. vom 30.10.1810 wurde der Besitz von 80 Stiften und Klöstern zum Staatseigentum erklärt und die Institutionen und Gemeinschaften aufgelöst.
Der dritte Teil des Projektes, die Sonderausstellung im HAUS SCHLESIEN in Königswinter, thematisiert dieses dramatische Geschehen von 1810 am Beispiel der sieben Zisterzienserklöster, die den schlesischen Kulturraum Jahrhunderte lang wesentlich prägten und einen herausragenden Einfluss auf die Entwicklung und Kultivierung der Region hatten. Kern der Ausstellung ist eine zweisprachige Bild-Text-Darstellung auf modernen Ausstellungsdisplays, die als Wanderausstellung angelegt ist. Ergänzt wird diese Präsentationsform von vielfältigen und wertvollen Leihgaben aus dem In- und Ausland, die bis zum 28.11.2010 ausschließlich in den Ausstellungsräumen im HAUS SCHLESIEN in Königswinter zu sehen sind.
Die Ausstellung zeigt die europäische Dimension des im 11. Jahrhundert von Frankreich ausgehenden, mit rund 700 Filiationen sich rasch zum "Großkonzern" entwickelnden Reformordens der Zisterzienser. Die Landesherren der teilweise nur dünn besiedelten Regionen, die die Zisterzienser in den Osten Europas beriefen, sahen in den „weißen Mönchen“ die geeignete Kraft, das Christentum zu stabilisieren, aber auch den Landesausbau zu befördern. Schon früh hatten die Zisterziensermönche, deren Ordensprinzip des „ora et labora“ gelebter Alltag war, sich zu Spezialisten in Land- und Forstwirtschaft sowie der Kultivierung von Sümpfen und Urwäldern entwickelt.
In der Ausstellung wird die sehr wechselvolle Geschichte der sieben schlesischen Klöster: Leubus, Heinrichau, Kamenz und Grüssau, der Zisterzienserinnenabtei Trebnitz und der Oberschlesischen Zisterzen in Rauden und Himmelwitz vor und nach der Säkularisierung dargestellt und durch vielfältige Exponate veranschaulicht. Dabei werden die mittelalterlichen Klostergründungen, ihre Bedeutung als Zentren des Glaubens aber auch der sakralen Kunst sowie ihr Wandel über die Aufhebung im Jahr 1810 und die Zäsur von 1945 hinaus bis in die Gegenwart präsentiert. Die trotz ihrer Aufhebung größtenteils erhalten gebliebenen Bauwerke von hohem architektonischem und denkmalkundlichem Rang, erfahren heute sehr unterschiedliche Nutzung durch polnische Institutionen oder Ordensgemeinschaften.
Wertvolle Leihgaben aus dem In- und Ausland wurden für den Ausstellungsstandort Königswinter zusammen getragen. Herausragende Exponate sind z.B. eine Reliquie der Heiligen Hedwig, Gründerin des Klosters Trebnitz und Schutzpatronin der Schlesier, sowie ein Vortragekreuz aus dem Kloster Heinrichau, das die Flucht aus Schlesien 1945 überstanden hat - eine Leihgabe des Schirmherrn der Ausstellung, Gregor Henckel-Donnersmarck, Abt der Zisterzienserabtei Heiligenkreuz in Österreich. Wertvolle Handschriften aus den Klosterbibliotheken u.a. Leihgaben aus der Universitätsbibliothek Breslau/Wrocław, Gemälde und Graphiken sowie Leihgaben polnischer Partnermuseen und aus Privatbesitz ergänzen die Präsentation.
Integriert in die Ausstellung ist auf Initiative von HAUS SCHLESIEN ein Schülerprojekt der 10. und 11. Jahrgansstufe des CJD-Gymnasiums aus Königswinter, das einen regionalen Bezug zum nahe gelegenen ehemaligen Zisterzienserkloster Heisterbach herstellt, wo die „Regionale 2010“, ein Strukturförderungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen, umfassende Rekultivierungsmaßnahmen aufgenommen hat.
Zwei weitere Ausstellungen dieses Projektes befinden sich als Dauerausstellungen in den ehemaligen Zisterzienserklöstern Leubus/Lubiąż und Kamenz/ Kamieniec Ząbkowicki. Dort wird die Säkularisation mit dem jeweiligen Schwerpunkt auf der historischen Entwicklung dieser beiden Klöster bis in die Gegenwart präsentiert. Die drei Ausstellungen wurden von HAUS SCHLESIEN konzipiert und in Zusammenarbeit mit den Kuratoren Dr. Inge Steinsträßer, Bonn, und Arne Franke M.A., Berlin, sowie polnischen Partnern realisiert. Nach Ende der Sonderausstellung am 28.11.2010 werden die Inhalte der Displays auf dieser Homepage zur Verfügung stehen.
Nicola Remig
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