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Die ersten Anfänge des Klosters Grüssau reichen in die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück. Herzogin Anna von Schlesien, Witwe des Piastenherzogs Heinrich II., stiftete 1242 im Ziedertal eine Propstei für Benediktiner aus Opatowitz/Böhmen. Ihnen folgten 1292 Zisterzienser aus Heinrichau, die den ehemaligen Grenzwald zwischen Böhmen und Schlesien besiedelten und kultivierten. Herzog Bolko II. von Schweidnitz-Jauer hatte die Stiftung seiner Großmutter Anna vergrößert und mit Ländereien reich ausgestattet. Das Grüssauer Stiftsland umfasste im 14. Jahrhundert ein Territorium, das bis vor die Tore von Schweidnitz, Reichenbach, Striegau und Hirschberg reichte. Das „hochfürstliche Stift Grüssau“ entwickelte sich zu einem kulturellen Mittelpunkt in Schlesien. Dank der wirtschaftlichen Erfolge wuchs die Anzahl der Stiftsdörfer auf 42. Die Stiftsstädte Liebau und Schömberg und die Propsteien Warmbrunn und Würben gehörten bis 1810 zum Klosterbesitz. In den Hussitenkriegen 1426/27 und im Dreißigjährigen Krieg erlebte das Stiftsland Zerstörung und Verwüstung.
Mit Abt Bernhard Rosa (1660-96) begann eine Phase innerer und äußerer Erneuerung. Der Abt förderte Musikschaffen und Dichtkunst. Dem Arzt und Mystiker Angelus Silesius (1624-1677) ließ er großzügige Unterstützung zukommen. Das Grüssauer Stiftsgymnasium galt als wichtiges Bildungszentrum. Durch die aufblühende Leinenindustrie gelangten Kloster und Untertanen zu Wohlstand.
Mit dem Neubau der Josephskirche, der Abteikirche und dem Konventsgebäude entstanden repräsentative Bauwerke von hohem künstlerischen Rang. Die Grüssauer Stiftsbauhütte mit Baumeistenr, Bildhauern, Malern und Kunsthandwerkern aus Böhmen, Österreich sowie dem schlesischen Umfeld zeichnete sich durch hohes schöpferisches Niveau aus. Hervorzuheben sind die Werke von Michael Willmann, Georg Wilhelm Neunhertz, Ferdinand Maximilian Brokoff, Anton Dorazil, Peter Johann Brandl und Felix Anton Scheffler. Bernhard Rosa reformierte als Vicarius Generalis der Zisterzienser in Schlesien auch das alte Mönchserbe.
1742 fiel Grüssau an Preußen. Der großzügig geplante Klosterneubau gelangte nicht mehr vollständig zur Ausführung. Durch die neue Grenzziehung verfiel der Handel mit Böhmen, die Lebensbedingungen der Untertanen verschlechterten sich dramatisch. Durch die hohen preußischen Kontributsverpflichtungen geriet Grüssau in schwere Finanznöte, die seinen wirtschaftlichen Untergang besiegelten. Für die alte Kultstätte begann ein „langer, schmerzlicher Todeskampf“, der mit der Aufhebung im Jahre 1810 endete.

„Die Abteikirche von Grüssau ist, wenn man so will, der Abschiedsgruß der österreichischen Zeit an Schlesien.“
Theodor Heuß: „Sie kamen aus Böhmen, Wien, Tirol“, in: Nikolaus von Lutterotti: Vom unbekannten Grüssau, Altgrüssauer Klostergeschichten, neu bearb. und hg. durch P. Ambrosius Rose, Wolfenbüttel 1962, S.

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Grüssau, Barocker Bauplan. Klosterarchiv Wimpfen

Josephskirche, Herbergssuche (Selbstportrait von Michael Willmann als Herbergsvater). Foto: Jürgen Remig

Wappen von Grüssau an der Klostermühle der Propstei Würben. Foto: Klosterarchiv Wimpfen

Portrait Abt Bernhard Rosa (1660-96) im Staatlichen Gymnasium Glatz. Foto: Klosterarchiv Wimpfen

Angelus Silesius (1624-1677). Foto: Muzeum Tkactwa Dolnośląskiego, Kamienna Góra

Grüssauer Gnadenbild (Ikone des 14. Jh.). Foto: Klosterarchiv Wimpfen

Abt Innocenz Fritsch (1727-1734) und Abt Benedikt II. Seidel (1734-1763), Erbauer der Marienkirche Grüssau. Foto: Roland Grisar

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