Folgen der Säkularisation - Kloster Kamenz im Umbruch
Das Bischöfliche Generalvikariatsamt in Breslau musste nach 1810 die geistliche Jurisdiktion von mehr als 600 Ordensleuten übernehmen. Weder Herkunft, Alter, Befähigung und charakterliche Eignung der Konventualen waren bekannt. Zwei Anfragen von Dezember 1810 und Januar 1811 verlangten von allen säkularisierten Männerklöstern Auskunft über Tauf- und Familienname, Klostername, Geburtsort, Alter, Profess, Fähigkeit zur Seelsorge, gegenwärtigen Aufenthaltsort, Klosteramt, sittliche Aufführung, besondere Fähigkeiten und charakteristische Mängel. Im Konvent von Kamenz hatten sich schon vor der Aufhebung Auflösungserscheinungen gezeigt. Durch die häufige Auswärtstätigkeit der Mönche war die klösterliche Spiritualität nicht mehr ausreichend gelebt worden. Abt Placidus Hoffmann in Reichenstein beantwortete die Umfrage persönlich am 21. Januar 1811, vermutlich unterstützt durch Prior Augustin (Joseph) Metzger. Er legte großen Wert auf „sittliche Fähigkeit“, „besondere Fähigkeiten und „charakteristische Mängel“. Von den 37 aufgeführten Konventualen wurden 14 von ihrem Oberen sehr schlecht beurteilt. Ein beschämendes Licht auf den moralischen und monastischen Verfall des Klosters warf der langwierige Prozess um die Konventskasse zwischen 1816 und 1819. Sechs ehemalige Konventualen strengten ein Verfahren bei der obersten Bistumsbehörde in Breslau an. Sie wollten den in Reichenstein lebenden ehemaligen Prior Augustin Metzger zur Herausgabe der Konventkasse zwingen, deren Bestand sie erheblich höher einschätzten als der mit der Untersuchung beauftragte bischöfliche Kommissar. Der Nachweis über die Höhe der eingeklagten Summe konnte nicht erbracht werden. Jeder der Kläger erhielt nur 20 Reichstaler ausgezahlt, etwa der Betrag einer Monatspension. Der Prozess erhärtete den traurigen Bericht des letzten Abtes von Kamenz. Zisterzienserische Tugenden der „vita communis“ und der „caritas fraterna“, brüderliches Leben in der Gemeinschaft und gegenseitige Solidarität, wurden hier ad absurdum geführt. 1812 gelangte die Stiftsherrschaft Kamenz mit dem Konventgebäude an Prinzessin Friederike Louise Wilhelmine von Preußen (1774-1837), der späteren Königin der Niederlande. Ihr Sohn, Wilhelm Friedrich Georg Ludwig von Oranien-Nassau (1792-1849), als Wilhelm II. zweiter König der Niederlande, hielt sich während der napoleonischen Zeit im Exil vom Sommer bis November 1812 in Kamenz auf und pflegte gute Nachbarschaft zu den in der Pfarrei verbliebenen ehemaligen Zisterziensern. 1817 legte ein Brand Kirche und Klostergebäude in Schutt und Asche. Die Kirche konnte wiederhergestellt werden, das Klostergebäude wurde bis auf den Prälatenflügel abgerissen.
Bienieck, Franz (Ignatius) aus Klein-Rozmierz b. Groß-Strehlitz, 29 J. alt, beide Sprachen. „Die sittliche Aufführung desselben artet manchmal ins Rohe aus, und seyn Betragen wird bey mancher Gelegenheit sehr unsittlich; vorzüglich wenn sein Kopf von starken Getränken erhitzt ist.“
Frömrich, Aloysius (Gregor) aus Liebenthal, 33 J. alt, deutsch, Kaplan in Frankenberg. „War sein Eifer in Erfüllung seiner Berufspflichten nicht der beste, und was die sittliche Aufführung desselben betrifft, so war solche nur äußerlich scheinbar und übrigens versteckt, daher man sein ganzes Betragen gewissermaßen verdächtigt und ihn selbst als einen von den heutigen Philosophen hielt.“
Zedler, Joseph (Alanus) aus Wartha, 28 J.alt, deutsch, jetzt in Hausdorf bei Glatz als Stellvertreter des vom Schlag getroffenen Pfarrers. „Seinem Eifer in Betreff seiner Berufspflichten wäre wirklich nichts auszustellen gewesen, wenn nur seine sittliche Ausführung so ausartend gewesen wäre, dass das ganze publicum von seinem schlechten Benehmen, welches billig unter die größten Mängel zu rechnen ist, hat er nicht nur sich selbst, sondern auch das Stift in Schimpf gebracht.“
Zitate: aus dem Bericht an das Fürstbischöfliche Generalvikariatsamt von Abt Placidus Hoffmann, 21.Januar 1811
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