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Mittelalterlicher Burghügel in Baitzen. Foto A. Franke, Berlin

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„Prospect der Fürstl. Stiffts-Kirchen S. Mariae auf dem Sand“.
Radierung von F. B. Werner, 1738. Sammlung Haselbach. Kunstforum
Ostdeutsche Galerie, Regensburg

Herzog Bolesław III. von Polen. Nach einem Gemälde von Jan Matejko. Privatbesitz

Die Gründung der Burg Kamenec im Jahre 1096

”Denn nachdem [die] Burg mit Namen Brido oberwärts des Flusses mit Namen Niza [Neiße] zerstört worden war, baute Herzog Bracizlaus zu dieser Zeit mit dem ganzen Heer in Polen weit unterhalb desselben Flusses eine ähnlich befestigte Burg auf einer hohen Bergspitze, von der es den Namen hat: Kamenec [Kamenz].”
Chronik des Cosmas von Prag, um 1120

Nach Überlieferung des Chronisten Cosmas wurde Kamenz 1096 gegründet, nachdem der böhmische Herzog Břetislav II. die im polnischen Grenzland an der Glatzer Neiße gelegene Burg „Brido“ (Wartha) zerstören ließ. An ihrer Stelle errichtete er wenige Kilometer flussabwärts die Burg „Kamenec“, die die Verbindungsstraße zwischen Prag und Breslau sicherte und gleichzeitig als Basis für die Kriegszüge in das schlesische Landesinnere diente.
Der Hintergrund der Gründung liegt in der territorialen Auseinandersetzung zwischen den Herrschaftsbereichen Polens und Böhmens. War Schlesien bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts fast gänzlich dem böhmisch-přemyslidischen Machtbereich untergeordnet, stießen die Expansionsbewegungen im Gebiet zwischen Warthe und Weichsel schließlich auf den Widerstand der polnischen Piastenherzöge. Mit dem Glatzer Pfingstfrieden im Jahre 1137 endeten die kriegerischen Auseinandersetzungen, wobei die Přemysliden weitgehend auf die Gebiete südlich der Sudeten zurückgedrängt wurden. Damit gelangte auch das Frankensteiner Land in die Hand des Piastenherzog Bolesław III., genannt „Schiefmund“. Er ließ in Wartha erneut eine Grenzburg erbauen, die als Kastellanei gleichzeitig Mittelpunkt eines herzoglichen Verwaltungsbezirkes wurde. Die nun nutzlos gewordene Burg Kamenz erhielt Vinzenz von Pogarell, Dompropst von Breslau. Er widersetzte sich als Chorherr des Augustinerklosters St. Maria auf dem Sande einer Reform des Abtes Gauthier von Arrouaise und zog um 1210 mit einigen Gefährten nach Kamenz, um dort eine vom Sandstift abhängige Propstei zu gründen. 1216 wurde der Bau einer Marienkirche nach dem Vorbild der Klosterkirche in Breslau begonnen. Als Vinzenz 1243, nun als Abt des Sandstiftes, wieder nach Breslau zurückkehrte, verfiel der zurückgebliebene Konvent in Disziplinlosigkeit, der Bau der noch unvollendeten Kirche wurde eingestellt. Die aufsässigen Mönche wurden durch den Breslauer Bischof Thomas I. vertrieben, der das Zisterzienserkloster Leubus mit der Wiederbesiedlung beauftragte.
Während die Forschungen der letzten Jahre ergaben, dass Reste der Augustinerkirche bei der Errichtung der Zisterzienserkirche mit verwendet wurden, gibt es noch immer Spekulationen über die Lage der böhmischen Burg. Zwar gibt es eine Überlieferung aus dem Jahr 1592, die Augustiner hätten die aufgelassene Burganlage genutzt, doch scheint heute wahrscheinlicher, dass die Burg über dem einst starken Überschwemmungen ausgesetzten Gelände lag. Möglicherweise stand sie auf dem Harthaberg und war damit ein architektonischer Vorläufer des Hohenzollernschlosses.
 

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Wartha. Kolorierte Lithographie von C. Mattis, um 1830. Sammlung A. Marsch, Hamburg

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Tumba des Herzogs Břetislav II. im Veitsdom zu Prag. Foto J. Gloc. Bildarchiv Foto Marburg

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Ausgrabung mittelalterliche Fundamente bei der Klosterkirche. Foto 1985. Sammlung Gnaczy, Kamieniec Ząbkowicki

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Lunette der romanischen Kirche „Maria auf dem Sande“. Foto um 1936, O. Damerau. Niederschlesisches Bildarchiv; Herder-Institut, Marburg

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Die Zisterzienser – Reformorden und Wegbereiter der Besiedlung Ostmitteleuropas

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