Von Kamieniec Ząbkowicki nach Europa
Die politischen Umwälzungen in Polen seit den 1980er Jahren, ausgelöst durch die Streiks der Gewerkschaft „Solidarność“, bereiteten den Boden für eine politische Wende im gesamten Ostmitteleuropa. Mit der Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ 1989 änderte sich das Verhältnis zwischen Polen und dem Westen entschieden und gipfelte mit dem Beitritt des Landes zur Europäischen Union im Jahr 2004. Zudem verbesserten sich die Kontakte zum wiedervereinigten Deutschland nachhaltig, nachdem die Bundesregierung 1989 die polnische Westgrenze anerkannt hatte. 45 Jahre waren nun seit der polnischen Neubesiedelung vergangen. Inzwischen war eine neue Generation herangewachsen, die sich mehr und mehr dem Westen zuwandte und damit das Interesse für die vielfältige Geschichte der Gemeinde und seinem architektonischen Erbe entdeckte. Nun wurden Restaurierungen an der katholischen Pfarrkirche und der Prälatur vorgenommen. Selbst die 1984 ausgebrannte ehemalige evangelische Kirche wurde renoviert und 1996 als Ausstellungs- und Konzerthalle eröffnet. Hier wurde die auf Initiative der 1981 gegründeten „Gesellschaft der Freunde des Kamenzer Landes“ entstandene Wanderausstellung zum 900-jährigen Gemeindejubiläum gezeigt, die mit Unterstützung des Görlitzer „Schlesischen Museums“ entstanden war. In diesem Zusammenhang wurden zudem erste Kontakte mit der heutigen Partnergemeinde im schwäbischen Ellzee geknüpft. Ein kultureller Austausch wird inzwischen ebenfalls mit der evangelischen Pfarrgemeinde in Erbach/Rheingau, dem Alterswohnsitz der Prinzessin Marianne, gepflegt. Dort, in der von ihr gestifteten evangelischen Johanniskirche, wurde 2008 das Kindermusical „Marianne, Glaube, Liebe, Hoffnung“, aufgeführt. Inzwischen gibt es in Schlesien unzählige Kooperationen zwischen polnischen und deutschen Kulturträgern und Privatinitiativen, die sich zum Ziel gesetzt haben, kulturelle Zeugnisse der schlesischen Geschichte zu erhalten. Dabei sei beispielhaft der deutsch-polnische „Verein zur Pflege schlesischer Kunst und Kultur“ (VSK) genannt, der zahlreiche Kulturprojekte in Schlesien fördert. Neue Hoffnung gibt es inzwischen für gefährdete Baudenkmäler, wie das mittlerweile baulich gesicherte Schloss von Kamenz, nachdem mit der „Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz“ eine neue, noch im Wachsen begriffene Institution ins Leben gerufen wurde. Sie wird mittels zukünftig eingehender Spenden helfen, das Kulturerbe von Polen und Deutschen zu bewahren. Schlesien – und damit auch die kleine, beispielhafte Gemeinde Kamieniec Ząbkowicki - ist nun in Europa angekommen.
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