Das Zisterzienserkloster von Kamenz
„Über den Bau der Abtei Alle unsere Klöster, so wurde bestimmt, sind zu Ehren der Königin des Himmels und der Erde zu erbauen, und zwar nicht in Städten, festen Plätzen und Dörfern. Es darf kein neuer Abt an einen Ort ausgesendet werden ohne wenigstens zwölf Mönche, nicht ohne folgende Bücher: Psalterium, […] Missale [etc.] und ehe diese Gebäude errichtet sind: Oratorium, Refektorium, Dormitorium, die Wohnung für Gäste und den Pförtnerbruder, damit die Mönche dort sofort Gott dienen und der Regel gemäß leben können. Außerhalb der Klosterpforte baue man kein Wohnhaus, außer für Tiere.“ Exordium Cistercii et Capitula, (Bibliotheque nationale de France, Paris), übersetzt von Pater Dr. Edmund Muller, Abtei Himmerod
Als die Zisterzienser aus Leubus nach 1247 anstelle der früheren Augustinerpropstei ihr Kloster anlegten, wählten sie, den Ordensregeln getreu, einen Baugrund in den Niederungen der Neiße aus. Bei der Errichtung des neuen Gotteshauses wurden Teile der bereits begonnenen Basilika der Augustinermönche integriert. Nach der Änderung des Bauplans Ende des 13. Jahrhunderts wurde der Neubau als Hallenkirche nach dem Vorbild des Mutterklosters Leubus fortgeführt. Bis um 1307 waren das Mauerwerk des Langhauses, das Querhaus mit der quadratischen Vierung und das dreischiffige Presbyterium mit plattem Chorschluss und vier kleinen Apsiden weitgehend vollendet. Der äußeren, durch die Reglements der Baustatuten des Generalkapitels in Cîteaux von 1157 geforderten Schlichtheit der turmlosen Architektur entsprach auch das Kircheninnere. Anstelle komplizierter Gewölbeformationen wurde der Raum mit einfachen Kreuzrippengewölben überdeckt. Deren Rippen treten unter Verzicht der sonst üblichen Steinmetzarbeiten dekorativer Kämpferkapitelle aus den Achteckpfeilern heraus. Ebenfalls in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde, unter Verwendung älteren Mauerwerks, das Klosterquadrum angelegt. Seine Lage nördlich der Kirche weist auf eine ältere zisterziensische Tradition hin, wie sie in Kloster Maulbronn oder einigen Filiationen Morimonds, beispielsweise dem Kloster Pforta oder dessen Tochter Altzella in Sachsen verwirklicht wurde. So entstand im Nordwesten der Kirche das „Cellarium“, der Vorratsspeicher, ebenfalls unter Verwendung älterer Gebäudereste. Als nördlicher Abschluss wurde das „Refektorium“, der Speisesaal angelegt. Südlich schlossen das „Calefactorium“, der Wärmeraum, der Kapitelsaal für die Versammlungen sowie die Sakristei der Kirche an, über denen sich der Schlafsaal der Mönche, das „Dormitorium“, befand. Diese Gebäude umschlossen den Klostergarten mit umlaufendem Kreuzgang, dessen Fundamente zwischen 1985 und 1987 archäologisch erforscht und anschließend freigelegt wurden. Ebenfalls wurde dabei die auf oktogonalem Grundriss errichtete Brunnenkapelle entdeckt, die sich traditionsgemäß gegenüber dem Refektorium befand. Als Besonderheit entstand zudem eine zweischiffige Lesehalle, der „Kollationsgang“, dessen mögliche Vorbilder heute noch in den Morimondfiliationen Schulpforta und Walkenried erhalten sind. Um die Abgeschiedenheit und Schutz vor äußeren Angriffen zu gewährleisten, wurde das Kloster schon im 14. Jahrhundert von einer Mauer umgeben, in der einzig das Torhaus mit Pfortenkirche den Zugang zur Außenwelt ermöglichte.
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