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Friedrich II. Kupferstich von J. F. Bause. Sammlung A. Franke, Berlin

Königin Luise und Kaiser Napoleon in Tilsit am 6. Juli 1807. Aus: Paul Kittel (Hrsg.): Die Deutschen Befreiungskriege, Berlin, 1901

König Friedrich Wilhelm III. Kupferstich von L. Buchhorn, 1813. Sammlung A. Franke, Berlin

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Säkularisation in Schlesien

„Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen
In Erwägung daß
a. die Zwecke, wozu geistliche Stifter und Klöster bisher errichtet wurden, theils mit den Ansichten und Bedürfnissen der Zeit nicht vereinbar sind, theils auf veränderte Weise besser erreicht werden können;
b. daß alle benachbarte Staaten die gleichen Maasregeln ergriffen haben;
c. daß die pünktliche Abzahlung der Contribution an Frankreich nur dadurch möglich wird;
d. daß Wir dadurch die ohnedies sehr großen Anforderungen an das Privat-Vermögen Unserer getreuen Unterthanen ermäßigen, verordnen Wir wie folgt: (…)“

aus: Edikt über die Einziehung sämmtlicher geistlicher Güter in der Monarchie vom 30. Oktober 1810

Die Säkularisierung in Europa hatte bereits mit der Aufklärung eingesetzt und erreichte in der Französischen Revolution ihren Höhepunkt. Sie beinhaltete einen erheblichen Machtverlust der religiösen Institutionen und strebte die völlige Trennung von Staat und Kirche an.

Als deren Folge gerieten an der Wende zum 19. Jahrhundert die geistlichen, kulturellen und sozialen Lebenswelten der bisherigen Gesellschaftsordnung ins Wanken. Am 24. März 1803 kam es mit dem Reichsdeputationshauptschluss zur Zwangsauflösung der meisten Klöster sowie zur Verstaatlichung ihres Besitzes. Offiziell sollten damit die weltlichen Fürsten für ihre durch Napoleon annektierten linksrheinischen Gebiets- und Einkommensverluste entschädigt werden. Faktisch bereicherten sie sich auf Kosten ihrer bisherigen geistlichen Nachbarn.

Bereits seit der Übernahme der preußischen Landeshoheit waren die schlesischen Klöster hohen steuerlichen Belastungen, einer zunehmenden Wirtschaftsreglementierung und Nachwuchssorgen ausgesetzt gewesen. Nach dem verlorenen Krieg gegen Frankreich war Preußen im Frieden von Tilsit (1807) zu außergewöhnlich hohen Kontributionszahlungen verpflichtet worden. Durch Edikt vom 30. Oktober 1810 kam es in Schlesien - ebenso wie im übrigen Königreich Preußen - zur totalen Säkularisation. König Friedrich Wilhelm III. wählte mit der Aufhebung der geistlichen Territorien einen politisch leicht durchsetzbaren Weg, um die zu zahlenden Kriegsschulden zu tilgen.

Liegenschaften und Vermögen von etwa 80 Stiften und Klöstern in Schlesien wurden zum Staatseigentum erklärt, die geistlichen Institutionen und Gemeinschaften aufgelöst. Die Ordensleute mussten das Ordenskleid ablegen, sollten sich allen Rechten und Pflichten dem Orden gegenüber entbunden fühlen und das Gemeinschaftsleben aufgeben.

Die Kirche erlitt einen immensen Besitz- und Vermögensverlust. Sie büßte ihre bisherigen Grundherrschafts- und Patronatsrechte ein und verlor damit ihre politischen und gesellschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Der Erwerb des bisherigen geistlichen Grundbesitzes durch verdiente preußische Offiziere, hohe Verwaltungsbeamte und Angehörige des protestantischen schlesischen Adels, veränderte die bisherigen geistlichen Grundherrschaften nachhaltig.

Letztlich war die Kirche Verlierer der Maßnahme, jedoch bedeuteten der Untergang der Reichskirche und die Säkularisation auch den Aufbruch in neue Dimensionen. Die bisherige Untertanenrolle des Kirchenvolkes wandelte sich im Verlaufe des 19. Jahrhunderts in aktive Mitgestaltung kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens.

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Das Gotteslob verstummt nach 602 Jahren

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Säkularisationsedikt vom 30.10.1810. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin

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Bistumswappen von Breslau. Apostolische Visitatur, Münster

Säkularisation in Schlesien  © Dokumentations- und Informationszentrum für schlesische Landeskunde im HAUS SCHLESIEN 2010