Leubus – neue Wege in andere Zeiten,1810-1939
Nach der Säkularisation des Stiftes gelangten Millionenwerte an den Staat, insgesamt eine Summe von 995.538 Reichstalern. Die Stiftsgüter wurden zum Teil in Staatsdomänen umgewandelt oder gelangten in den Besitz verdienter preußischer Offiziere, hoher Verwaltungsbeamter und Angehöriger des protestantischen schlesischen Adels. Dies veränderte die bisherige geistliche Grundherrschaft nachhaltig. Viele Stiftsangestellte verloren ihre Arbeit und verarmten.
Für Kloster und Ortschaft Leubus ergaben sich einschneidende Veränderungen. Mit dem Abzug der Mönche verschwand das weiße Ordensgewand aus dem Ortsbild. Die Stiftskirche blieb zwar für den Gottesdienst geöffnet, wurde aber Filialkirche der Pfarrei St. Valentin im Städtel Leubus. Im Kampf um die berühmten Apostelbilder von Willmann in der Stiftskirche setzten sich die Bürger von Leubus gegen den preußischen Sonderkommissar Johann Gustav Gottlieb Büsching (1783-1829) durch und erreichten deren Verbleib in Leubus. Auch Büschings Plan, die Grabsteine der schlesischen Herzogsfamilie aus dem Fußboden heraus in die Seiten der Kirche einzumauern, wurde abgewehrt. 1837 erfolgte die Übergabe der Jakobskirche an die protestantische Gemeinde von Leubus. Im April 1813 diente das Kloster als Kriegslazarett für 1.500 russische Verwundete. Wegen der Größe des Gebäudes erwies sich eine dauerhafte Nutzung als außerordentlich schwierig. Die Idee, im Kloster eine Zuckerfabrik einzurichten, wurde letztlich verworfen. 1817 beschloss die Provinzialregierung, ein Landgestüt einzurichten, welches für die Pferdezucht in Schlesien große Bedeutung erlangte. Im Bemühen der Provinzialregierung, einen geeigneten Standort für eine Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke zu finden, war bereits 1812 die Wahl auf Leubus gefallen. Im Jahre 1830 wurde die Anstalt eröffnet. Die baulichen Veränderungen im Inneren fügten der historischen Baussubstanz irreparable Schäden zu. 1902-1910 errichtete die Provinz Schlesien auf dem Gelände der ehemaligen Vogtei im Städtel Leubus eine weitere Anstalt. Die Heil- und Pflegeanstalt Leubus erwarb sich bis zu ihrer Auflösung 1941/42 auf dem Gebiete der Psychiatrie, in Prävention, Diagnostik und Therapie große Verdienste. Gestüt sowie Heil- und Pflegeanstalt waren über ein Jahrhundert lang die wichtigsten Arbeitgeber in Leubus. Die preußische Denkmalpflege führte in Leubus wegen des hohen künstlerischen Wertes der Anlage im 19. und 20. Jahrhundert mehrere grundlegende Restaurierungen durch, zuletzt zwischen 1934 und 1937, für fünfzig Jahre die letzten bauerhaltenden Maßnahmen.
„Das gewaltigste und schönste Gebäude Schlesiens in seinem überragenden Kunstwert oben Altersheim und unten Zuckerfabrik!“ Aloysius Bollmann: : Die Säkularisation des Zisterzienserstiftes Leubus, Breslau 1932
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