Hintergründe der Säkularisation
17.-18. Jh.
Die alte Reichsordnung gerät ins Wanken
Säkularisation bedeutet im eigentliche Sinne Einziehung und Nutzung kirchlichen Eigentums durch den Staat. Abgeleitet vom lateinischen „saeculum“ (Jahrhundert) versinnbildlicht der Begriff den Übergang von 'ewigen' zu 'zeitlichen' Werten.
In Europa setzte die Säkularisierung bereits mit der Aufklärung ein und erreichte in der Französischen Revolution ihren Höhepunkt. Dies führte zu einem erheblichen Machtverlust der religiösen Institutionen und zur völligen Trennung von Staat und Kirche. An der Wende zum 19. Jahrhundert geriet die bisherige Gesellschaftsordnung völlig ins Wanken.
Unter dem Einfluss Frankreichs kam es im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation zur Einzug der geistlichen Fürstentümer und Herrschaften durch die weltlichen Territorialstaaten. Am 24. März 1803 verfügte der Reichsdeputationshauptschluss die Zwangsauflösung der meisten Klöster und die Verstaatlichung ihres Besitzes. Offiziell sollten damit die Fürsten für ihre durch Napoleon annektierten linksrheinischen Gebiets- und Einkommensverluste entschädigt werden. Faktisch bereicherten sie sich auf Kosten ihrer bisherigen geistlichen Nachbarn. Auch Fürsten ohne Entschädigungsanspruch erhielten das Recht, kirchlichen Besitz einzuziehen. Aufgelöst wurden nahezu alle Reichsstände, die Reichsstädte verloren ihre Unabhängigkeit (Mediatisierung). Etwa 95.000 km² Grundfläche wechselte den Besitzer. Mehr als drei Millionen Einwohner gerieten unter neue Herrschaftsverhältnisse.
Die sozialen und politischen Folgen waren beträchtlich. Die Ordensgemeinschaften wurden aus ihren Klöstern vertrieben, das weltliche Dienstpersonal in die Arbeitslosigkeit entlassen. Viele seelsorgerische, sozial-karitative und pädagogische Aufgaben wurden nicht mehr wahrgenommen. Aus der Sicht der Aufklärung galten Klöster als unproduktiv und Stätten des Rückschritts, unter Ausblendung ihrer gesellschaftlichen Leistungen und Verdienste.
Die Kirche hatte selbst zu den Auflösungserscheinungen beigetragen, indem viele ihrer Repräsentanten durch herrschaftliche Ritualien und aufwändige Lebensstile die Glaubensverkündigung und – festigung vernachlässigt hatten. Das Urteil der damaligen kirchenkritischen Kreise ist jedoch in der getroffenen Pauschalität nicht aufrecht zu erhalten.
Letztlich war zwar die Kirche Verlierer der Aktion, jedoch bedeutete der Untergang der Reichskirche auch Aufbruch in neue Dimensionen. Die bisherige Untertanenrolle des Kirchenvolkes verwandelte sich im Verlaufe des 19. Jahrhunderts in aktive Mitgestaltung kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens.
Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803. Kopie
Kaiser Napoleon I., in: Hermann Müller-Bohn, Die deutschen Befreiungskriege, Deutschlands Geschichte von 1806-1815, 1. Band, hg. v. Paul Kittel
Herrschaftsverhältnisse 1806. Aus: Kleiner Atlas zur deutschen Territorialgeschichte, Bonn 1991, Karte 10
Reichskrone, 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts, Quelle: http://de.academic.ru/pictures/dewiki
Reichskreuz, um 1024/1025, Quelle: http://de.academic.ru/pictures/dewiki
Säkularisation in Schlesien © Dokumentations- und Informationszentrum für schlesische Landeskunde im HAUS SCHLESIEN 2010