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Bereits mit der preußischen Besitzergreifung von Schlesien 1742 hatte ein schleichender Niedergag der schlesischen Stifte und Klöster begonnen. Drückende Abgaben und Lasten, eine zunehmende Wirtschaftsreglementierung und Nachwuchssorgen zwangen die geistlichen Gemeinschaften in einen harten Überlebungskampf. Ungeachtet der insgesamt toleranten Einstellung des preußischen Königs zum Katholizismus machte sich in Schlesien eine deutliche Aufwertung des Protestantismus bemerkbar. Die katholische Kirche erlitt dadurch einen empfindlichen Machtverlust.

Nach der militärischen Niederlage von 1806 verpflichtete Frankreich den preußischen Staat im Frieden von Tilsit (1807) zu außergewöhnlich hohen Kontributionszahlungen. Zur Sanierung der Staatsfinanzen wurde in der preußischen Provinz Schlesien, wie im übrigen Königreich Preußen, durch königliches Edikt vom 30. Oktober 1810 die totale Aufhebung von etwa 80 Stiften und Klöstern erwirkt. Betroffen waren auch das Breslauer Domkapitel, die Deutschordensballeien und die Johanniterkommenden.
Das Edikt verfügte die Einziehung sämtlicher Güter und des gesamten Vermögens als unwiderrufliches Eigentum „Seiner Königlichen Majestät von Preußen“.
König Friedrich Wilhelm III. wählte mit der Aufhebung der geistlichen Territorien und dem Einzug ihres Vermögens einen politisch leicht durchsetzbaren Weg, um die Kriegsschulden zu tilgen. Anderenfalls wären die Untertanen durch enorme Steuererhöhungen zur Stützung der Staatsfinanzen verpflichtet worden.

Zu den betroffenen Klöstern gehörten auch die schlesischen Zisterzienserniederlassungen. Seit dem Mittelalter hatten sie entscheidenden Anteil am Landausbau der Region sowie an der geistlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entfaltung Schlesiens gehabt. Nun zerstreuten sich die Konvente in alle Winde, die Gebäude und Liegenschaften wurden anderen Nutzungen zugeführt. Jedes Ordensmitglied war mit der Aufhebung als Privatperson zu betrachten und hatte in die Rechte und Pflichten eines jeden anderen Bürgers einzutreten.
Den konkreten Akt der Säkularisierung führten eigens ernannte, dem preußischen Staat zu besonderer Solidarität verpflichtete Säkularisationskommissare durch.

Der Bischof von Breslau, Johann Christian von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein, vom Zeitgeist inspiriert, nachgiebig und schwach, wagte keinen Widerstand. Er wies das Generalvikariatsamt an, die Arbeit der Hauptsäkularisationskommission zu unterstützen. Die Säkularisation in Schlesien blieb unkanonisch, da der Papst nicht um Einwilligung angegangen worden war.
 

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Friedrich II. Kupferstich von J. F. Bause. Sammlung A. Franke, Berlin

Königin Luise und Kaiser Napoleon in Tilsit am 6. Juli 1807. Aus: Paul Kittel (Hrsg.): Die Deutschen Befreiungskriege, Berlin, 1901

König Friedrich Wilhelm III. Kupferstich von L. Buchhorn, 1813. Sammlung A. Franke, Berlin

Säkularisationsedikt vom 30.10.1810. Quelle: Geheimes Staatsarchiv Berlin

Bistumswappen von Breslau, Apostolische Visitatur Breslau

Portrait Fürstbischof Joseph Christian Franz zu Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein (1740-1817). Aus: Józef Pater: Poczet biskupów wrocławskich, Wrocław 2000, S. 104

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Säkularisation in Schlesien  © Dokumentations- und Informationszentrum für schlesische Landeskunde im HAUS SCHLESIEN 2010