Heinrichau
1227-1810
Erfolgreiches Siedlungszentrum in Schlesien
Den Anstoß zur Stiftung des Klosters Heinrichau (lateinisch Heinrichovium) im oberen Ohletal gab der Breslauer Domherr Nikolaus von Krakau, Hofnotar des Piastenherzogs Heinrich I. des Bärtigen. Nikolaus wollte seine Erbgüter im Krakauer Land für eine Klostergründung einsetzen. 1227 zog der aus 12 Mönchen bestehende Gründungskonvent der Abtei Leubus in Heinrichau ein. DaDas nach dem Landesherrn benannte Kloster ist die zweite Filiation von Leubus und zweite Zisterze in Schlesien.
Der Herzog stattete die Neugründung mit reichem Besitz aus, der bis in das Posener Land und nach Kleinpolen reichte. Große Teile der Flächen mussten zunächst urbar gemacht werden. Die Mönche bemühten sich im ersten Jahrhundert um den planmäßigen Ausbau der unmittelbaren Umgebung und erwarben eine Reihe ortsnaher Güter. Sie besiedelten u.a. die Wälder am Eulengebirge und bei Bolkenhain und konnten auf Grund guter ökonomischer Ergebnisse ihre entfernten Streugüter aufgeben. Durch die Anlage deutschrechtlicher Dörfer und die Integration der altslawischen Gutshöfe in die vorgegebenen Siedlungsstrukturen wurde das Kloster zum wichtigen Zentrum in Mittelschlesien. Bis heute ist die Umgebung des Klosters von der Siedlungsverfassung der Zisterzienser geprägt.
Kirche und Klostergebäude wurden beim Mongoleneinfall 1241 zerstört. Die Wiederaufbauleistungen machten die Hussitenkriege zunichte. In der Reformation verursachten Nachwuchsmangel und Austritte einen völligen Niedergang des Konvents. Nur durch den Zuzug der aus Großpolen vertriebenen kölnischen Mönche der Abtei Wongrowitz (1553) konnte Heinrichau sich retten.
Nach den Wirren und Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges erfolgte unter Abt Melchior Wenzel (1656-1680) eine ökonomische und seelsorgerische Erneuerung. Abt Heinrich III. Kahlert (1681-1702) ließ die ursprünglich gotische Kirche aus dem Jahre 1320 sowie die Klosteranlage barockisieren und erweitern.
1699 erwarb der Abt die in den Türkenkriegen zerstörte ungarische Abtei Zirc bei Veszprém, die nach der Restaurierung von Heinrichau in Personalunion mitverwaltet wurde. Die Übernahme der preußischen Landesherrschaft 1742 ließ nur noch wenig Spielraum zur eigenen Entwicklung. Hohe steuerliche Abgaben und die staatlich verordnete Dezimierung der Klostereintritte verursachten tief greifende Existenznöte. Die letzten Jahre vor der Säkularisation waren verdunkelt von internen Streitigkeiten um Zirc. Sowohl die preußischen als auch die ungarischen Behörden standen dem schlesisch-ungarischen Doppelkloster feindselig gegenüber.
Über Abt Heinrich III. Kalert (1681-1702)
„Die Regierung dieses in Wort und That kräftigen Prälaten wird das goldene Zeitalter des Stiftes genannt (...) Zuförderst auf Einführung und Beförderung strenger Sitten unter seinen Brüdern bedacht, war es eine seiner ersten Einrichtungen, daß er schon am Tage nach seinem Regierungsantritte über den im Kloster zur Gewohnheit gewordenen Genuß des Branntweins den Bann aussprach, und dabei verordnete, daß von nun ab Niemand ohne ausdrückliche Erlaubnis sich unterstehen durfte, um dessen Genuß willen ins Refectorium sich zu begeben.“ Wilhelm Pfitzner: Versuch einer Geschichte des vormaligen Fürstl. Cistercienser-Stiftes Heinrichau bei Münsterberg in Schlesien, Breslau 1846, S. 202 f.
Das Fürstl. Stift und Closter HEINRICHAU / [Münsterberg]. Kolorierter Kupferstich von Friedrich Bernhard Werner, Nürnberg, 1738
Liber fundationis clausteri santae Mariae Virginis Heinrichow, Gründungsbuch des Klosters Heinrichau, Klosterchronik nach 1250 bis 1310, nach Gustav A. Stenzel, Breslau 1854
Epitaph an der Klosterkirche zum Gedenken an die Vertreibung der kölnischen Mönche aus der Abtei Wongrowitz, Großpolen. Foto: Nicola Remig
Fresko auf dem Gewölbe des Parlatoriums mit der Abtei Heinrichau und der Abtei Zirc in Ungarn. Foto: Romuald M. Sołdek
Wappen der Zisterzienser der Abtei Heinrichau (links) und Zirc (rechts). Foto: Romuald M. Sołdek
Die ungarische Abtei Zirc, 2010.
Foto: Norbert Spannenberger
Säkularisation in Schlesien © Dokumentations- und Informationszentrum für schlesische Landeskunde im HAUS SCHLESIEN 2010