Heinrichau
1810-2010
Glücklich erhaltenes zisterzienserisches Kleinod
Die Klosteranlage von Heinrichau verdankt ihren heutigen guten Zustand
einer positiv verlaufenden Entwicklung nach 1810. Hier befand sich zunächst der Sitz der oranischen Güterverwaltung. Ein Teil des östlichen Trakts diente als Pfarrhaus. 1863 gelangte Heinrichau über Prinzessin Wilhelmina Sophie Marie Luise von Oranien-Nassau (1824-1897), der einzigen Tochter des Prinzen Wilhelm von Oranien und späteren Königs Wilhelm II. der Niederlande, an die Großherzöge von Sachsen-Weimar. Von 1919 bis 1945 diente Heinrichau der großherzoglichen Familie als Wohnsitz.
Durch umfangreiche denkmalpflegerische Maßnahmen blieben die Bauten und Gärten in ihrer Grundstruktur erhalten und boten bis 1945 den Anblick einer fast unversehrten barocken Klosterlandschaft. Bei den Veränderungen außerhalb des Stiftsbezirk wurden Großteich und Altteich trockengelegt, die Niederung südlich des Klosters mit Nadelhölzern bepflanzt und die neue Straßenverbindung nach Münsterberg über den Damm des Großteiches geführt.
Der Entwurf für den um 1863 nach dem Vorbild des Schlossparkes an der Ilm in Weimar angelegten romantischen Landschaftspark, geht auf den Breslauer Landschaftsarchitekten Eduard Petzold (1815-1891) zurück. Der Konventsgarten mit Terrassen, Freitreppen, Balustraden, Fontänen und Statuen sowie einer Pergola glich nun einem prachtvollen italienischen Garten. Der ehemalige Brudergarten wurde in einen englischen Garten, den „Pläsiergrund“, verwandelt.
Heinrichau fiel 1945 an Polen und erhielt den Namen Henryków.
Nach Kriegsende verwüstete die Rote Armee die Anlage. Dabei wurden wertvolles Mobiliar aus der einstigen Prälatur, Schränke und Vitrinen, Gemälde sowie flämische Gobelins aus den Prunkräumen in die Sowjetunion verschleppt, die kostbaren Parkettböden verheizt und die Bibliothek zerstreut.
Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1946 ließen sich polnische Neusiedler im Ort nieder. Ein Zisterziensermönch aus der Abtei Szczyrzyc, Kleinpolen, übernahm die seelsorgerische Betreuung der Gemeinde. Die Niederlassung wurde 1973 in den Rang eines Priorates erhoben.
Nach dem Abzug der Roten Armee hatte sich die polnische Regierung unter schwierigen Bedingungen um die Restaurierung der Anlage bemüht. Ein großer Teil der Gebäude wurde verstaatlicht, die ehemaligen großherzoglichen Wohnräume und die herrschaftliche Verwaltung für ein landwirtschaftliches Technikum mit Internat hergerichtet. 1991 gründete der Breslauer Erzbischof, Henryk Kardinal Gulbinowicz, in Heinrichau eine externe Ausbildungsstätte für Priesteramtskandidaten.
„Die neue Besitzerin Großherzogin Sophie liebte Heinrichau sehr. Aus der Feder einer jungen Hofdame der Großherzogin, Wanda von Puttkamer (…) geht hervor, dass sich die Großherzogin mit großer Liebe und persönlicher Mühe des Heinrichauer Besitzes annahm und ihn bald zu einem Musterbetrieb gestaltete, wie er selbst in dem auf hoher landwirtschaftlicher Kultur stehenden Schlesien nicht alltäglich war.“ Günther Grundmann: Das ehemalige Kloster Heinrichau und die Weimarer Tradition, in: Erlebter Jahre Widerschein – von schönen Häusern, guten Freunden und alten Familien in Schlesien, München 1972, S. 281.
Luftaufnahme von Heinrichau. Foto: Romuald M. Sołdek
Heinrichau, Eichensaal. Foto: Romuald M. Sołdek
Wappen des Hauses Weimar mit dem Initial der Großherzogin Sophie. Foto: Romuald M. Sołdek
Orangerie in Heinrichau. Foto: Nicola Remig
Prinzessin Sophie der Niederlande (1824-1897). Wikipedia
Stift Heinrichau. Kupferstich von Friedrich Gottlob Endler, 1806
Säkularisation in Schlesien © Dokumentations- und Informationszentrum für schlesische Landeskunde im HAUS SCHLESIEN 2010