Trebnitz
1810 – 2010
Die Wallfahrt zur Hl. Hedwig bleibt lebendig
In das verwaiste und verödete Kloster Trebnitz zogen zunächst verschiedene preußische Beamte mit ihren Familien ein. Während der Napoleonischen Kriege dienten die Gebäude zur Unterbringung russsicher Kriegsgefangener und als Lazarett für preußische und russische Soldaten. Danach kaufte der Geheime Kommerzienrat Johann Wilhelm Oelsner (1766-1848), ein bedeutender schlesischer Unternehmer in der Textilbranche für 10.000 Taler einen Teil des Klostergebäudes und richtete hier 1825 eine Wollspinnanstalt mit Handbetrieb ein. Daraus entstand eine Tuchfabrik, die etwa 300 Arbeitern Lohn und Brot gab. Um Platz für Fabrikräume zu schaffen, ließ Oelsner tiefe Eingriffe in die Bausubstanz vornehmen und trug dadurch zum Verfall der Gebäude bei.
Auch die ehemalige Hedwigszelle im nördlichen Innenhof fiel den Umbauten zum Opfer. Nach Auflösung der Fabrik 1857 schien die Wiederherstellung des einstmaligen Prachtbau unmöglich. Die Verwüstung waren so groß, dass selbst der preußische Staat mit dem halb verfallenen Kloster nichts mehr anzufangen wusste.
Erst den Schlesischen Maltesern und vor allem der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Karl Borromäus ist die Rettung der Anlage zu verdanken. Die Malteser richteten im Südflügel ein Militärkrankenhaus ein und übergaben Pflege und Aufsicht den Borromäerinnen. Diese waren 1861 von Neisse nach Trebnitz gekommen und richteten hier ihr Mutterhaus ein. 1892 wurden sie Eigentümerin des gesamten Komplexes und erweiterten das von den Maltesern erworbene Krankenhaus. Heutzutage befindet sich in den Räumen ein Alten- und Pflegeheim.
Die Hedwigswallfahrt blieb auch nach der Säkularisation erhalten. In der Zeit des nationalsozialistischen Kirchenkampfes wurde Trebnitz neben Wartha und dem St. Annaberg zum wichtigen Bollwerk für die schlesischen Katholiken. Seit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1945 wird die Wallfahrt von der polnischen Bevölkerung weiter gepflegt und von der Ordensgemeinschaft der Salvatorianer und den Borromäerinnen betreut. Neben der Basilika befindet sich seit 1981 ein Pilgerhaus mit einem Museum für den Hedwigskult. Nach 1989 wurde die gesamte Klosteranlage dank der Inititative der Diözese Augsburg aus Mitteln der deutsch-polnischen Stiftung umfassend saniert. 2007 wurde Trebnitz vom Vatikan zum internationalen Sanktuarium erklärt und ein der Hl. Hedwig geweihter Pilgerpfad unter großer Beteiligung der Bevölkerung eingeweiht. Seit mehr als 800 Jahren besuchen Pilger aus aller Welt die altehrwürdige Kultstätte, insbesondere aus Polen und Deutschland.
„Das Hedwigsfest am 16. Oktober 1978 war das größte Ereignis in der Geschichte der Stadt Trebnitz. An diesem Tage nämlich wählte das Konklave in Rom den Krakauer Erzbischof, Karol Woytiła, der mehrmals in Trebnitz war, um hier die hl. Messe zu feiern und zu predigen, zum Papst.“
Antoni Kiełbasa SDS: Trebnitz – Stadt, Kloster, Kirche, St. Hedwig, Trzebnica 2007
Historisches Foto des Konventgebäudes, Malteserkrankenhaus. Slg. Manfred Schmitt
Tuchfabrik. Foto: Roland Grisar
Hedwigsaltar, Historische Postkarte. Slg. Manfred Schmitt
Hedwigswallfahrt. Foto: Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Karl Borromäus
Speisesaal des Alten- und Pflegeheims Trebnitz. Kloster Trebnitz, Schnell& Steiner, 1998
Hedwigswallfahrt. Foto: Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Karl Borromäus
Säkularisation in Schlesien © Dokumentations- und Informationszentrum für schlesische Landeskunde im HAUS SCHLESIEN 2010