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Die Gründung der Zisterze Rauden geht auf den Piastenherzog Wladislaus I. von Oppeln (1246-1281) zurück, der den Orden mit ausgedehnten Wäldern und ertragreichen Gütern bedachte. Das Stift wurde von Mönchen der Abtei Jędrzejów in Kleinpolen besiedelt, eine Tochtergründung von Morimond. Durch Fleiß und wirtschaftliches Können verwandelten die grauen Mönche das Gebiet bald in blühendes Land.
Das ursprünglich polnische Kloster engagierte sich bald kolonisatorisch und förderte den Zuzug deutscher Siedler. Bis zum 15. Jahrhundert erweiterte Rauden stetig seinen Grundbesitz. Die später barockisierte Klosterkirche entstammt der regen Bautätigkeit in Schlesien nach dem Mongolensturm 1241. Durch die überwiegend deutschen Novizen aus oberschlesischen und kleinpolnischen Städten gewann der Konvent zunehmend deutschen Charakter. Die Bevölkerung der umliegenden Stiftsdörfer sprach dagegen überwiegend Polnisch. Erst mit wachsendem slawischen Einfluss in den Städten Oberschlesiens änderte sich auch die nationale Zusammensetzung des Konvents. 1510 erwarb Abt Nicolaus IV. Toboli die Pontifikalien.
In den Hussitenkriegen weniger beeinträchtigt als die niederschlesischen Zisterzen, wurde Rauden dagegen im Dreißigjährigen Krieg schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Radikale Veränderungen ergaben sich nach der Reformation. Durch den nunmehr protestantischen Charakter der Städte blieb der Nachwuchs aus. Das Stift erlebte den Zerfall monastischer Disziplin, geriet in große wirtschaftliche Nöte, verlor die Bindung zur Ordenszentrale und geriet in völlige Abhängigkeit vom Diözesanbischof.
Auf Anordnung des Generalabtes wurde Rauden 1616 dem niederschlesischen Ordensvikar der Zisterzienser unterstellt. Der Wiederaufbau des zerrütteten Stiftes ist Abt Andreas Emanuel Pospel (1648-79) zu verdanken. Er erneuerte die Ordensdisziplin und setzte ökonomisch auf die Gründung industrieller Unternehmen, darunter mehrere Eisenhütten, eine Glashütte, eine Pottaschesiederei, ein Kupferhammer, eine Bleiche und eine Drahtfabrik. Dadurch gelangte Rauden im 18. Jahrhundert zu neuer Blüte. 1744 wurde ein humanistisches Gymnasium gegründet, das gleichermaßen für deutsche und polnische Schüler als profilierte Ausbildungsstätte galt. Die 18.000 Druckwerke umfassende Stiftsbibliothek enthielt eine große Zahl bedeutender Werke der klassischen Literatur. Von den hohen Kontributionslasten durch Preußen nach 1741 erholte sich Rauden nur allmählich, konnte jedoch vor 1810 noch mehrere Bauvorhaben umsetzen.

„Es war der Abt Andreas Emanuel Pospel, der seit dem Tag seiner Erwählung, den 5. März 1648, für die Wiederherstellung und das Aufblühen des oft geplünderten, verarmten und fast einer Ruine gleichen Klosters so beharrlich, umsichtig und unter großen Anstrengungen sich hingab, dass er in den einunddreißig Jahren seiner Regierung die Verhältnisse des Stiftes in einen glücklichen Zustand versetzte und allein alles wieder erwarb, was in fast vier Jahrhunderten durch sehr grosse Nachlässigkeit mancher Aebte, durch die fortwährenden Schwankungen der klösterlichen Einheit verkümmert oder gänzlich verloren gegangen war.“
(August Potthast: Geschichte der ehemaligen Cistercienserabtei Rauden in Oberschlesien, Festgabe zur sechsten Säcularfeier ihrer Gründung, Leobschütz 1858, S.80).

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Klosterkirche, Ansicht der Westfassade. 
Foto: Rüdiger Kern

Wappen von Rauden.
Foto: Inge Steinsträßer

Raudener Gnadenbild. Johann Elias Ridinger, Augsburg um 1752. In: Adolf Gessner: Abtei Rauden in Oberschlesien, Kitzingen 1952
 

Mittelalterliche Kapitelle. Foto: Inge Steinsträßer

Barocke Kanzel in der Klosterkirche. Foto: Nicola Remig

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Mutterkloster von Rauden, Jędrzejów

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