Gemäß der napoleonischen Einteilung Schlesiens nach dem Frieden von Tilsit 1807 gehörte Rauden 1808 zum 3. Departement und hatte unter der französischen Besatzung zu leiden. Bereits zu diesem Zeitpunkt verbreitete sich das Gerücht von der bevorstehenden Aufhebung der Klöster, um mit der Übernahme deren Besitzes dem Staat aus seinen finanziellen Nöten zu helfen. Bei einer vorausgehenden Forderung des dirigierenden preußischen Ministers für Schlesien in Höhe von 10.000 Talern an die Zisterzienserklöster waren auf Rauden 1.400 Taler entfallen. Das Stift zahlte aus Furcht vor der drohenden Aufhebung und glaubte, die Gefahr damit abwenden zu können.
Die Aufhebungsorder vom 30. Oktober 1810 verschonte jedoch die Abtei Rauden nicht. Zur Verkündigung des königlichen Edikts erschienen am Nachmittag des 26. November 1810 der königliche Kommissar Korn aus Breslau mit seinem Adjutanten, dem Rechtsreferendar von Wittke. Der Schlusspsalm der gerade abgeschlossenen Vesper „In exuti Israel de Ägypto“ verlieh der Zeremonie einen düsteren Rahmen. Abt Bernhard Galbiers (1746-1819) und der gesamte Konvent nahmen im großen Abteisaal - angesichts der Tafelmalereien des Künstlers Franz Anton Sebastiani mit Motiven der Gründungsgeschichte des Klosters - voller Bestürzung das Aufhebungsdekret entgegen. Sämtliche Siegel der Abtei, die Insignien der Prälatenwürde, die Schlüssel der Kassen und des Archivs wurden auf einem schwarzen Tuch ausgebreitet. Auf dem Tisch stand ein neun Pfund schweres silbernes Kruzifix zwischen sechs mit Wachskerzen geschmückten Kandelabern. Korn und Wittke sollen sich ihrer Aufgabe „mit ausgezeichneter Artigkeit und der ihnen eigenen schonenden Delicatesse“ entledigt haben. Dagegen spricht die Aufforderung an Prälat Galbiers, dieser solle „in pontificalibus“ mit Mitra und Stab zum Aufhebungsakt erscheinen. Der Abt lehnte das Ansinnen jedoch ab und erschien in seinem täglichen Ordensgewand. 
Der Konvent bestand bei der Aufhebung aus 32 Mönchen, von denen die meisten aus Oberschlesien stammten. Nachdem alle das Mönchsgewand abgelegt hatten, verblieb der größte Teil in der näheren Umgebung. Prälat Galbiers begab sich nach Ratibor, wo er am 16.Juli 1819 verstarb und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in der Krypta der Raudener Marienkapelle beigesetzt wurde. In Rauden blieben noch zehn ehemalige Konventualen, bis sie auf Geheiß der königlichen Kommission das Kloster am 2. Juni 1813 ebenfalls verlassen mussten.

„Bernhard war der Zahl nach der fünfundreißigste und letzte Abt von Rauden, ein sehr religiöser und demütiger Mann, der, nachdem er alle Leiden und Wechselfälle seiner Zeit mit Gleichmut ertragen (…) kurze Zeit vor seinem Tode dem neuen Gymnasium in Gleiwitz 100 Thlr. und der Schulkirche daselbst mehrere Paramente geschenkt, die noch vorhandene Monstranz der Raudener Kirche mit einem goldenen Kreuze und einem goldenen Diamantringe geschmückt, allen Kirchen, welche ehemals zum Raudener Stift gehörten, testamentarisch 200 Thlr. vermacht.“
Potthast, Geschichte der ehemaligen Cistercienserabtei Rauden, S. 39.
 

titel_HsS_8_2
bilder_hss82_1
bilder_hss82_2
bilder_hss82_3
bilder_hss82_4
bilder_hss82_5
unten2

Sommerschlösschen der Äbte von Rauden in Stodoll, 1736. Foto: Inge Steinsträßer

Hl. Bernhard an der Kirche der ehemaligen Stiftspfarrei Stanitz. Foto: Inge Steinsträßer

Marienkapelle in der Klosterkirche. Foto: Jan Mehlich

Pektorale des letzten Abtes von Rauden, Bernhard Galbiers, Vorderseite. Foto: Roman Konzal

Rückseite des Pektorale. Foto: Roman Konzal

weiter

Säkularisation in Schlesien  © Dokumentations- und Informationszentrum für schlesische Landeskunde im HAUS SCHLESIEN 2010