Im Frauenzuchthaus in Jauer wurden während des Zweiten Weltkrieges Frauen mit langen Haftstrafen untergebracht, zunächst nur solche aus dem Gebiet des Dritten Reiches, bald auch aus den besetzten Gebieten. Die Zahl der Insassinnen stieg in dieser Zeit sprunghaft an: Am 31. Oktober 1940 waren 310 Frauen inhaftiert, Anfang Februar 1941 waren es schon 471 und am 20. September erhöhte sich die Zahl auf 1555.
Es existieren drei erzählende Quellen, die die Situation im Zuchthaus darstellen: Eine davon sind die Erinnerungen der deutschen Gefängnisinsassin Marie Taugs, einer Hebamme aus Breslau. Sie wurde aufgrund fingierter Beweise wegen einer vermeintlichen Abtreibung zu 12 Jahren Haft verurteilt. Die zweite Quelle ist ein Brief der Polin Pelagia Kochańska an ihre Familie, datiert auf den 4. Oktober 1942 und die dritte sind die Erinnerungen der Französin Razel.
Aus dem Bericht Taugs ist die Aufnahmeprozedur der Insassinnen überliefert. In der Kanzlei wurden sie in ein Gefängnisbuch eingetragen und ihnen eine Nummer verliehen. Nach vielen Jahren hat Taugs geäußert: „Ich wurde belehrt, dass ich seitdem nur noch eine Nummer bin“. Alle Gegenstände von materiellem Wert wurden beschlagnahmt. Dann wurden die Köpfe der Frauen rasiert und sie einer „erniedrigenden Desinfektion” unterzogen. Sie bekamen Gefängniskleidung, Bettwäsche, Becher und Schüssel und wurden in ihre Zellen geführt.
Der Tag war mit Arbeit ausgefüllt. „Wir nähten wirklich alles“, erinnerte sich Taugs, „Schürzen für Hausfrauen und Fabrikarbeiter, Uniformen für Mitglieder der Hitlerjugend, aber auch Häftlingskleidung, Bettwäsche für Krankenhäuser und Unterwäsche für Soldaten.“
Die Essensrationen waren klein: das Frühstück bestand aus einem schwarzen Kaffee, einer Scheibe Brot mit Margarine und einem „Klacks Marmelade”. Im Dezember 1944 war die Lebensmittelversorgung so schlecht, dass „Kohlrüben und Zuckerrübensirup fast ein Luxus“ darstellten.
Ihre Kosmetika mussten die Insassinnen selber besorgen. In einem Brief schrieb Kochańska: „Schick’ mir, bitte eine Packung Vasenol, 3-4 Packungen Shampoo, Haarklammern, Sicherheitsnadeln, eine Haarrolle, zwei kleine Haarspangen, die in meiner Handtasche liegen, dazu Gesichtscreme, Zahnpasta, eine Packung guten Seifenpulvers, eine kleine Kernseife und wenn es Dir gelingt, dann eine Toilettenseife. Ich brauche viel zum Waschen. Die Haare muss ich auch oft waschen“.
Aus den erhalten gebliebenen Karteien im Liegnitzer Staatsarchiv geht hervor, dass vermutlich 87 Polinnen in Jauer inhaftiert waren. Auf den Karteiblättern wurden Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Geburtsort, letzte Wohnadresse, Datum der Verhaftung, die das Urteil fällende Instanz, die Höhe der Strafe und das Datum der Aufnahme in das Jauersche Zuchthaus vermerkt.
Dieser Blogbeitrag ist ein Gastbeitrag aus dem Regionalmuseum Jauer (Muzeum Regionalne w Jaworze). Mehr zum Museum und seinen Ausstellungen unter: http://www.muzeumjawor.pl/index75.html
Autor: Mirosław Szkiłądź