Oktober, 2019
Samstag, 12. Oktober 2019, 19 Uhr Öffentliche Lesung „Humboldtstraße Zwei“ – Von der Suche nach der Familiengeschichte in Schlesien Erich Plackwitz ist in den 1930er Jahren als Richter am Amtsgericht in Jauer, einer
Samstag, 12. Oktober 2019, 19 Uhr
Öffentliche Lesung
„Humboldtstraße Zwei“ – Von der Suche nach der Familiengeschichte in Schlesien
Erich Plackwitz ist in den 1930er Jahren als Richter am Amtsgericht in Jauer, einer Kleinstadt in Schlesien, tätig. Er verachtet den Nationalsozialismus, dennoch muss er hilflos zusehen, wie sich Deutschland vom Rechtsstaat immer mehr zum Unrechtsstaat entwickelt. Seine Tochter Elise liebt ihr Elternhaus in der Humboldtstraße Nr. 2, doch muss sie es 1945, nach Schule, Studium und Flakhelferinneneinsatz aufgeben. Nach dem Krieg fasst sie in Westdeutschland Fuß, macht eine Ausbildung, heiratet und gründet eine Familie. Doch die Sehnsucht nach Schlesien brodelt weiter in ihr. Ihr Sohn Andreas, der mit seiner Familie in Bonn lebt und sich für Menschenrechte weltweit einsetzt, kann das lange Zeit nicht nachvollziehen. Erst als seine Mutter alt ist und mit einer tödlichen Krebsdiagnose konfrontiert wird, beginnt er sich für ihre Lebensgeschichte zu interessieren und begibt sich auf Spurensuche. Ein Kriegstagebuch hilft ihm dabei. Zugleich verspürt er Ängste, die er sich nicht erklären kann. Damit greift Gesterkamp auch das in der Psychologie immer wieder behandelte Thema der Traumatisierung auf, die sich auf nachfolgende Generationen übertragen kann.
Aus diesem umfassenden historischen Stoff entwickelt der Autor Harald Gesterkamp einen Roman, der bei aller Schicksalshaftigkeit der Hauptfiguren unterhaltsam ist. Geschont wird der Leser allerdings nicht: Gräueltaten wie die Ermordung von Behinderten in Hitler-Deutschland oder die Verfolgung von Juden in Schlesien und das Konzentrationslager Groß-Rosen südlich von Breslau spielen ebenso eine Rolle wie die Leiden der aus der Heimat vertriebenen Schlesier. Auch deren Traditionspflege und Erinnerungskultur, der seit den 1970er Jahren aufkommende sogenannte Heimwehtourismus, aber auch die Begegnungen zwischen deutschen und polnischen Schlesiern werden thematisiert. Der in Bonn lebende Deutschlandfunk-Redakteur Harald Gesterkamp ist nicht zuletzt durch seine eigene Familiengeschichte auf das Thema gestoßen. Seine Großeltern und auch seine Mutter stammen aus Niederschlesien. Gesterkamp hat viel recherchiert, hat Gespräche geführt, Erfahrungsberichte studiert, ist mehrfach nach Schlesien gereist. Herausgekommen ist ein ausdrucksstarker Roman, der das Leben einer schlesischen Familie und zugleich das Leben in Deutschland ausgehend vom Nationalsozialismus mit Krieg und Vertreibung über die Nachkriegszeit bis hin zum Problem des Alterns in der modernen Gesellschaft schildert. In der Lesung im HAUS SCHLESIEN wird Gesterkamp seinen Roman vorstellen, aus allen drei Zeitebenen Passagen aus dem Buch vorlesen und im Anschluss mit dem Publikum in eine Diskussion einsteigen.
Der Eintritt ist frei
Samstag, 12.10.2019 19:00