TAGUNGEN

Den Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland und Polen kommt im Bereich der Verständigungsarbeit eine wichtige Rolle zu und gerade durch den binationalen Austausch kann der Blick für die sensiblen und spannungsreichen Aspekte in der deutsch-polnischen Geschichte geschärft werden. HAUS SCHLESIEN versucht hier mit seinen Tagungs- und Seminarangeboten einen Beitrag zu leisten.
OMA KOMMT AUS SCHLESIEN

OMA KOMMT AUS SCHLESIEN
Die Erinnerungen der Nachfahren
Ein Seminar für die Kinder und Enkel der Vertriebenen und alle Interessierten
21. – 22. Oktober im HAUS SCHLESIEN
Herkunftsgeschichten bewegen Familien – bis heute sind Fluchtschicksale dabei von großer Aktualität. Fragen nach Herkunft, Heimat und Identität sind jedoch selten eindeutig zu beantworten, besonders dann, wenn ein Teil der Vorfahren aus einer anderen Region kam. Mehr als 25 Prozent der Deutschen geben an, dass sie selbst oder ein Familienmitglied zu den deutschen Heimatvertriebenen zählen. Aufgewachsen mit den Geschichten „aus der Heimat“ oder auch nur mit einem undefinierbaren Gefühl, nicht hierher zu gehören: Viele Kinder und Enkel tragen an der Last der Erinnerungen und den Traumata der vertriebenen Vorfahren. Die Erfahrungen der Erlebnisgeneration haben ihre Spuren hinterlassen und prägen oft unbewusst bis heute ihr Leben und ihre Familien. Auch wenn sie bereits in der „neuen Heimat“ geboren wurden und keine eigenen Erinnerungen an Schlesien haben, übertrugen sich die Fluchterfahrungen und das Fremdheitsgefühl der Eltern auf die Nachkommen. Die aus der Erfahrung der Entwurzelung heraus entwickelten Verhaltensweisen und Ängste haben sich teilweise bis in die Enkelgeneration „vererbt“.
Das Seminar von HAUS SCHLESIEN und dem Kulturreferenten für Oberschlesien behandelt exemplarisch anhand der erzwungenen Fluchtsituation aus Schlesien Erfahrungen und Erkenntnisse zum Umgang mit Flucht und Vertreibung in den Familien. Einführende Fachvorträge von Wissenschaftlern und Autoren befassen sich mit ganz unterschiedlichen Aspekten und legen eine fundierte Grundlage für die jeweils anschließenden Gesprächsrunden, in denen die Teilnehmer die Thesen diskutieren und eigene Erfahrungen und Eindrücke austauschen können. Neben der Möglichkeit, anhand des vermittelten Wissens die Situation der Erlebnisgeneration aber auch die eigenen Erfahrungen nachvollziehen und einordnen zu können, soll vor allem der Austausch untereinander dazu beitragen, die individuelle Familiengeschichte aufzuarbeiten, sich mit den Gefühlen von Heimatlosigkeit auseinanderzusetzen und eigene Verhaltensmuster zu verstehen.
Weitere Informationen und Anmeldung unter: kultur@hausschlesien.de, Tel.: 02244/886231
Das Seminar ist offen für alle Interessierten. Die Anzahl der Teilnehmerplätze ist begrenzt.
Die Tagungspauschale (Übernachtung mit Frühstück, zwei Mahlzeiten, Kaffeepausen und Programm) beträgt 120 Euro, für Mitglieder des Vereins 110 Euro, ohne Übernachtung 75 Euro bzw. 65 Euro für Vereinsmitglieder (zwei Mahlzeiten, Kaffeepausen und Programm).


OMA KOMMT AUS SCHLESIEN – Das ‚Flaggschiff‘ der Seminarangebote von HAUS SCHLESIEN
Der Austausch mit anderen, das Kennenlernen der Lebenserfahrungen von Kindern und Enkeln der Vertriebenengeneration, ein besseres Verständnis der historischen Zusammenhänge – diese Aspekte nannten Teilnehmer/innen als Motive, sich auf das zweitägige Seminar „Oma kommt aus Schlesien“ im HAUS SCHLESIEN einzulassen. Gemessen an den positiven bis begeisterten Resümees zum Abschluss, konnte das Programm und die Atmosphäre der beiden Tage die Erwartungen der Gäste offenbar auch bei diesem bereits 5. Seminar erfüllen.
Einen hervorragenden historischen Einstieg bot wieder einmal mit vielen Fotos, Landkarten und anschaulichen Grafiken Prof. Dr. Winfrid Halder, Direktor der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus in Düsseldorf. Im „geschützten Raum“ der Gesprächsrunden wurden zudem wie jedes Jahr nach dem Vortrag des Kölner Arztes und Psychotherapeuten Prof. Dr. Bertram von der Stein persönliche und familiäre, oftmals schmerzliche Erfahrungen ausgetauscht. Vielfach erfährt die Kinder- und Enkelgeneration eine Wiederkehr des Verdrängten, gerade in Bezug auf Vertreibung und Heimatverlust. Ein Thema, das angesichts erneuter Fluchtbewegungen und Vertreibungen inmitten Europas wieder in besonderer Weise virulent wird.
Ein neuer Gast des Seminars war dieses Mal der bekannte Historiker und Autor Prof. Dr. Manfred Kittel aus Berlin, der sehr aufschlussreich über den Lastenausgleich, d.h. die staatlichen Unterstützungsleistungen ab Mitte der 1950er Jahre referierte. Viele Aspekte dieser Entschädigungszahlungen, die sowohl Heimatvertriebenen als auch kriegsgeschädigten Einheimischen zugutekamen, aber auch die Defizite bei der Gesetzgebung waren den allermeisten Zuhörern unbekannt. Die Integration der Millionen Vertriebenen war ein komplizierter Prozess, der nicht zuletzt durch ihren Anteil an den Erfolgen der ‚Wirtschaftswunderjahre‘ gemildert wurde.
Anschaulich wurde der Umgang der Familien mit dem Heimatverlust in der neuen Dauerausstellung im HAUS SCHLESIEN, die viele Anknüpfungspunkte und Informationen bietet und in die Zusammenhänge einordnet.
Die Journalistin Katja Mitic aus Berlin referierte auf der Grundlage der eigenen Familiengeschichte über „geerbtes Heimweh“, das sich in ihrer Biografie in besonderer Weise kristallisiert. Viele Teilnehmer konnten die Schwierigkeiten, ein „Zugehörigkeitsgefühl“ zu entwickeln, aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen. Die Spurensuche in der Heimat der Großeltern ist ganz offenbar zunehmend ein Anliegen und kann nicht zuletzt auch durch die Informationsmöglichkeiten mittels Institutionen wie HAUS SCHLESIEN unterstützt werden.
Auch das 5. Seminar war erneut ausgebucht, und die Warteliste für den nächsten Termin am 21. und 22. Oktober 2023 füllt sich bereits. Das Bedürfnis, sich angesichts der furchtbaren Nachrichten zum Ukraine-Krieg und der unmittelbar in der eigenen Nachbarschaft erfahrbaren Flucht von Menschen aus den Kriegsgebieten mit den eigenen Prägungen aus der eigenen Familiengeschichte auseinanderzusetzen, ist offenbar größer denn je.
Nicola Remig
OPA LEBT IN OBERSCHLESIEN

OPA LEBT IN OBERSCHLESIEN – zwischen regionaler Identität und Migrationsgesellschaft
06. und 07. Mai 2023 im HAUS SCHLESIEN
Die Grenzregion Oberschlesien befand sich zwar bis 1945 seit Jahrhunderten innerhalb eines deutschgeprägten Kulturkreises, ein Großteil seiner Einwohner hatte jedoch – im Gegensatz zu den meisten Niederschlesiern – ebenso Bezüge zur polnischen Sprache und Kultur, jedoch nicht zwingend zur polnischen Nation. Nach der Westverschiebung Polens wurden viele von ihnen auch aufgrund dieser Tatsache nicht in den Westen vertrieben, sondern oftmals unter Zwang in die polnische Gesellschaft integriert, ergriffen jedoch häufig die im Laufe der Zeit gegebenen Möglichkeiten, nach Deutschland auszusiedeln – oftmals erst nach Jahrzehnten.
Die meisten und vor allem ihre Nachkommen siedelten erst in den 1980er und 1990er Jahren aus Oberschlesien aus. Nach der Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland wurden die meisten eingebürgert und sind seitdem offiziell als deutsche Staatsangehörige. Aufgrund ihrer Herkunft und der Sprache (bzw. ihres Akzents) wurden sie von der deutschen Mehrheitsgesellschaft nicht immer als vollwertige Mitglieder derselben betrachtet, was oft zu Integrationsschwierigkeiten führte. Manche ließen ihre Heimat aber auch mental zurück und assimilierten sich in Deutschland, oft unter Verdrängung der eigenen Herkunft. Erst nach Jahren sahen sich viele Betroffenen im Zusammenhang mit der Suche nach der eigenen Identität wieder mit der Frage konfrontiert: „Bin ich Deutscher, bin ich Pole, vielleicht bin ich beides zugleich, oder einfach nur Oberschlesier?“. Andere dagegen haben deutlich ausgeprägtere Vorstellungen über die eigene Identität und vertreten einen klaren nationalen Standpunkt. Die Gründe für diese unterschiedlichen Haltungen, die ebenso heterogen ausfallen, wie die Beweggründe der Betroffenen aus Oberschlesien in die Bundesrepublik Deutschland auszuwandern, sind unter anderem in der komplexen Geschichte der deutsch-polnischen Grenzregion zu suchen.
Das Seminar richtet sich vorrangig an (oberschlesische) Aussiedler, Spätaussiedler und deren Nachkommen sowie sämtliche Interessierte mit (familiären) Bezügen nach Oberschlesien. Die eingeladenen Wissenschaftler, Autoren und Kulturschaffende setzen sich während der zweitägigen Veranstaltung im Rahmen von Vorträgen und Präsentationen aus unterschiedlichen (zum Teil persönlichen) Blickwickeln mit Begriffen, wie Identität, Integration, Anpassung, Familie und familiäre Wurzeln auseinander. Zudem sollen die Teilnehmer selbst die Möglichkeit erhalten, ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Dialog austauschen zu können.
Anmeldung und weitere Informationen unter 02244 886 231 oder kultur@hausschlesien.de.
Tagungspauschale
75,- € pro Teilnehmer
65,- € pro Mitglied Verein HAUS SCHLESIEN
Inklusive 2 Mahlzeiten, Kaffeepausen und Programm
Tagungspauschale mit Übernachtung
120,- € pro Teilnehmer
110,- € pro Mitglied Verein HAUS SCHLESIEN
Inklusive 1 Übernachtung im HAUS SCHLESIEN mit Frühstück, 2 Mahlzeiten, Kaffeepausen und Programm


Opa lebt in (Ober-)Schlesien
Eine Veranstaltung für Oberschlesien-Interessierte
Am 9. und 10. Juli fand bereits zum zweiten Mal die Tagung „Opa lebt in (Ober-) Schlesien“ statt, die vom Dokumentations- und Informationszentrum in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat für Oberschlesien ausgerichtet wurde. Das zweitägige Seminar richtete sich hauptsächlich an die jüngere Generation der in Oberschlesien verwurzelten Aussiedler, die – in vielen Fällen seit ihrer Kindheit – in Deutschland leben. Die Teilnehmenden setzten sich im Rahmen eines anspruchsvollen Programms mit unterschiedlichen Themen zur Identität und kulturellen Vielfalt der mitteleuropäischen Region auseinander. Den Auftakt machte Robert Starosta (Initiative der kulturellen Autonomie Schlesiens e. V., Würzburg) und referierte eindrucksvoll über die Ziele seines Vereins sowie die seiner Meinung nach hinfällige Anerkennung der kulturellen Autonomie Oberschlesiens – ein Thema, das im HAUS SCHLESIEN bis dato nur wenig zum Vorschein kam. Unser Kollege von der Öffentlichkeitsarbeit, Florian Paprotny, hielt einen interessanten Vortrag zum eigenen Werdegang aus der Perspektive eines in Deutschland geborenen Kindes oberschlesischer Aussiedler und erörterte dabei wichtige Aspekte aus seinem Leben und verband diese gekonnt mit der wissenschaftlichen Auslegung des Begriffs „Identität“. Der Tag wurde von einer Führung durch die neue Dauerausstellung im HAUS SCHLESIEN gekrönt: Adam Wojtala – einer der Kuratoren – erläuterte die Exposition und führte die Teilnehmenden zu ausgesuchten Bereichen, die einen starken Bezug zu Oberschlesien aufweisen. Der zweite Tag führte die Teilnehmenden nicht nur auf eine geistige Reise in die Region, sondern machte sie auch mit Referierenden bekannt, die den Weg aus Oppeln nahmen, um an der Tagung teilzunehmen. Weronika Wiese (Leiterin des „Dokumentations- und Ausstellungszentrums der Deutschen in Polen“ in Oppeln) berichtete über die Entstehung der ersten polnischen Einrichtung, die sich auf die historische Präsenz der deutschen Volksgruppe in Polen konzentriert. Im Zuge einer reich bebilderten Präsentation schilderte sie die Konzeption der Einrichtung und sprach über die zahlreichen Herausforderungen, die sie als engagierte Leiterin auf sich nehmen musste. Mit Bezug auf diese Institution referierte der Vorsitzende des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Rafał Bartek über die Schwierigkeiten der deutschen Minderheit in Polen. Durch einen Beschluss des polnischen Bildungsministers kam es in jüngster Vergangenheit zu Kürzungen des öffentlichen Etats zum Zweck des muttersprachlichen Deutschunterrichts an polnischen Schulen. Der Referent erläuterte diese Problematik umfassend und verwies auf zahlreiche Aspekte, die zu einem Umdenken innerhalb der Politik und Gesellschaft führen könnten. Den Abschluss der Veranstaltung bildete der Vortrag von Matthias Kneip „Als Deutsche in Oberschlesien nach 1945. Auf den Spuren meiner Familiengeschichte…“. Anschaulich und vor allem humorvoll präsentierte der Regensburger Autor und Mitarbeiter des Polen-Instituts in Darmstadt seine persönliche Beziehung zu Oberschlesien und schaffte es dabei spielend leicht, das Publikum heiter zu stimmen.
Trotz einer überschaubaren Teilnehmerzahl (die dem ungünstigen Sommerzeittermin geschuldet sein dürfte), darf die Veranstaltung als informativ und gelungen bezeichnet werden. Eine überarbeitete Fortsetzung wird es in jedem Fall geben!

KANT FÜR EINSTEIGER

Kant für Einsteiger. Ein Seminar für alle, die gut vorbereitet ins „große“ Kant-Jahr 2024 starten wollen
Termin: Donnerstag, 27. April und Freitag 28. April 2023
Veranstalter: Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus/Haus Schlesien
Veranstaltungsort: HAUS SCHLESIEN, Dollendorferstr. 412, 53639 Königswinter-Heisterbacherrott
Am 8. Dezember 2022 wurde im niedersächsischen Lüneburg der erste Spatenstich für den künftigen „Kant-Bau“ des Ostpreußischen Landesmuseums gefeiert. Der Erweiterungsbau des Museums, das bereits jetzt über die wohl bedeutendste museale Sammlung zu Leben und Wirken des weltbekannten Königsberger Philosophen verfügt, soll künftig „die beeindruckende Ideenwelt Immanuel Kants als Ganzes“ vermitteln, denn seine „Überlegungen zur Gestaltung einer globalen Friedensordnung haben nichts an Aktualität verloren, ganz im Gegenteil“, wie Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei dieser Gelegenheit betonte. Zielpunkt für die Fertigstellung des Bauvorhabens ist der 300. Geburtstag Kants am 22. April 2024. Der – zumindest im deutschsprachigen Raum – wohl wichtigste Denker der Aufklärung, der bis zu seinem Tod 1804 nahezu sein gesamtes Leben in der ostpreußischen Hauptstadt Königsberg (heute Kaliningrad) zugebracht hat, gilt unverändert als einer der wichtigsten Ideengeber der Moderne. Die anhaltende Aktualität von Kants Überlegungen zu einer ganzen Reihe von Themen dürfte beileibe nicht nur für die Kulturstaatsministerin unbestritten sein. Bezeichnend und zugleich aufsehenerregend war etwa auch der Umstand, dass der französische Staatspräsident Emmanuel Macron bei einem offiziellen Besuch im Vatikan Ende Oktober 2022 Papst Franziskus eine besonders wertvolle Ausgabe von Kants Werk „Zum ewigen Frieden“ (1795/96) in französischer Übersetzung überreichte.
Wer sich für Kants nach wie vor bedeutsame Wegweisungen in einer immer noch friedlosen Welt interessiert, wird sich sicherlich im Jahr seines 300. Geburtstages 2024 einer schwer überschaubaren Fülle von unterschiedlichsten Angeboten gegenübersehen. Wir wollen allen Kant-Interessierten, gerade auch solchen, die bisher wenig über den großen Königsberger wissen, die Möglichkeit bieten, sich vorzubereiten. „Kant für Einsteiger“ beleuchtet verschiedene grundlegende Aspekte der Lebens- wie auch der Gedankenwelt des „Weltveränderers“, wie ihn ein Jugendmagazin sogleich seinen Leserinnen und Lesern vorstellt.
Kosten: 140 € pro Person (1 Übernachtung mit Frühstück, 2 Mahlzeiten, Kaffeepausen),
ohne Übernachtung 85 € pro Person
An- und Abreise in Eigenregie (https://www.hausschlesien.de/anfahrt)
Verbindliche Anmeldung (Stichwort: Kant-Tagung) möglichst bald, spätestens aber bis 28. März 2023 erbeten unter sekretariat@g-h-h.de
Rückfragen ggf. an Prof. Halder unter halder@g-h-h.de
