TAGUNGEN
Den Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland und Polen kommt im Bereich der Verständigungsarbeit eine wichtige Rolle zu und gerade durch den binationalen Austausch kann der Blick für die sensiblen und spannungsreichen Aspekte in der deutsch-polnischen Geschichte geschärft werden. HAUS SCHLESIEN versucht hier mit seinen Tagungs- und Seminarangeboten einen Beitrag zu leisten.
KAFKA JUBILÄUM 2024
Kafka, Käfer und Kakanien
Eine Annäherung an Franz Kafka (1883-1924) zum 100. Todestag
Ein Kooperationsprojekt der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus und des Dokumentations- und Informationszentrums von HAUS SCHLESIEN
Mittwoch, 06. März 2024 und Donnerstag 07. März 2024
Im Juni 2024 wird der Tod Franz Kafkas 100 Jahre zurückliegen. Nicht vielen Autoren wird so lange nach ihrem Ableben so viel Aufmerksamkeit zuteil wie dem Prager Schriftsteller, der seinen 41. Geburtstag nicht mehr erlebte und der von Beruf eigentlich Versicherungsangestellter war, der es immerhin zum „Obersekretär“ brachte. Wo auch immer man zum Thema „deutschsprachige Weltliteratur“ nachschlägt, Kafka ist immer dabei. Und dass sein Name in „kafkaesken“ Situationen gewissermaßen sprichwörtlich geworden ist (nebenbei: auch im Englischen), hat er mit keinem anderen Autor gemein. „Man“ kennt ihn also. Kennt man ihn?
Franz Kafka ist ein besonders bekannter, auf gewisse Weise aber auch ein besonders „sperriger“ Autor, zu dem der Zugang nicht ganz leicht fällt. Das Seminar strebt daher eine Annäherung an für alle Interessierten, die sich (noch) nicht als Kafka-Experten verstehen. Leben und Werk werden unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, etwa der Umstand, dass Kafka die längste Zeit seines kurzen Lebens in „Kakanien“ verbrachte, also der späten Habsburgermonarchie, wie sie von seinem älteren Kollegen Robert Musil genannt wurde. Die besondere kulturelle Atmosphäre Prags wird eine Rolle spielen und vieles mehr – in der besonderen Atmosphäre von Haus Schlesien, beschaulich, kulinarisch hochwertig und gut erreichbar.
Teilnehmerbeitrag:
140 Euro/Person (1 Übernachtung mit Frühstück, Dusche/WC, 1 Abend- und 1 Mittagessen, Pausenversorgung mit Kaffee, Mineralwasser, Gebäck), ohne Übernachtung 85 Euro/Person.
Mitglieder des Vereins HAUS SCHLESIEN: 120 € mit Übernachtung, 70 € ohne Übernachtung.
Begrenzte Teilnehmerzahl! Daher wird um möglichst zeitnahe, verbindliche Anmeldung gebeten an HAUS SCHLESIEN, Dollendorfer Str. 412, 53639 Königswinter,
Tel: +49(0)2244 886 231, kultur@hausschlesien.de
(Stichwort: Kafka 03-2024, bitte mit Name(n) und Kontaktdaten)
Mittwoch, 06. März 2024
14:00 Uhr: Begrüßung und Eröffnung (Nicola Remig/Prof. Dr. Winfrid Halder)
14:30-15:45 Uhr: Versuchsstation für Weltuntergänge (Karl Kraus). Konfliktpotentiale und Bruchlinien in der späten Habsburgermonarchie 1867-1919. Kafkas historisches Umfeld (Prof. Dr. Winfrid Halder)
15:45-16:15 Uhr: Kaffeepause
16:15-17:45 Uhr: Von Käfern, Hunden und Hungerkünstlern. Hinführung zu Kafkas Erzählungen (Michael Serrer)
18:00-19:00 Abendessen
19:00-20:30 Uhr: Franz Kafkas labyrinthische Welten – zwischen Faszination und Irritation. Öffentlicher Abendvortrag (PD Dr. Jürgen Nelles)
Donnerstag, 07. März 2024
09:30-11:00 Uhr: Kafka und die Kunst (Dr. Helena Pereña)
11:00-11:15 Uhr: Kaffeepause
11:15-12:45 Uhr: Die Verwandlung – in bewegten Bildern. Kafka im Film (Prof. Dr. Michael Braun)
12:45-13:15 Uhr: Seminar-Bilanz und Abschluss (Nicola Remig/Prof. Dr. Winfrid Halder)
13: 15 Uhr Mittagessen, anschließend Abreise
(Änderungen vorbehalten)
OPA LEBT IN OBERSCHLESIEN
Tagungsbericht: OPA LEBT IN OBERSCHLESIEN – zwischen regionaler Identität und Migrationsgesellschaft
Am 06. und 07. Mai fand bereits zum dritten Mal die Tagung „Opa lebt in (Ober-) Schlesien“ statt, die vom Dokumentations- und Informationszentrum ausgerichtet und aus den Mitteln des Kulturreferats für Oberschlesien finanziert wurde. Das zweitägige Seminar richtete sich hauptsächlich an die jüngere Generation der in Oberschlesien verwurzelten Aussiedler, die bereits in einem deutsch-polnischen Umfeld bzw. beiderseits der Grenze aufwuchsen. Den Teilnehmenden wurden interessante Vorträge und Präsentationen rund um die Themen „Identität“, „kulturelle Vielfalt“ und „Migration“ geboten.
Bereits im Vorfeld der Veranstaltung fand auf unserem Facebook-Kanal im Internet eine hitzige Diskussion darüber statt, ob es überhaupt zulässig sei, Heimatvertriebene, Flüchtlinge und (Spät-) Aussiedler als „Migranten“ zu bezeichnen, wobei die neutrale Bedeutung des Begriffs größtenteils ignoriert wurde. Über die unterschiedlichen Migrationsströme aus und nach Oberschlesien seit dem 19. Jahrhundert referierte eindrucksvoll und leicht verständlich der Historiker von der Ruhr-Universität in Bochum Dr. Andrzej Michalczyk. Er spannte den Bogen von der Auswanderungsbewegung nach Amerika oder in das Ruhrgebiet im 19. Jahrhundert über die Zwangsmigration der Deutschen nach 1945 bis zu den Aussiedler-Ausreisewellen in die Bundesrepublik der 1980er und 1990er Jahre.
Die meisten Aussiedlerinnen und Aussiedler mussten nach ihrer Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland diverse Integrationsschwierigkeiten überwinden, nicht selten die deutsche Sprache lernen und einen Zugang zur westdeutschen Gesellschaft finden. Eine enorme Erleichterung konnte dabei der Mannschafssport sein, vorzugsweise der Fußball, da durch die permanente Interaktion mit anderen Menschen der Integrationsprozess begünstigt werden konnte, worüber der Direktor des Oberschlesischen Landesmuseums Dr. David Skrabania im Rahmen einer interessanten Präsentation z.T. aus eigener Erfahrung berichtete.
Der erste Tag wurde durch eine Führung durch die Dauerausstellung abgerundet. Am Sonntag ging es mit einem Vortrag zu einem Ort weiter, der vielen aus Oberschlesien in die Bundesrepublik übergesiedelten Menschen vertraut sein dürfte, da ihr Aufenthalt in diesem Land sehr oft hier begann: in der Landesstelle für Aussiedler, Zuwanderer und ausländische Flüchtlinge in Unna-Massen. Dazu stellten die Mitarbeiterinnen der Firma „KulturWissenSchaffen“ (Unna), Dr. Tina Ebbing und Kathrin Göttker eine eindrucksvolle Präsentation über die Gründung, den Sinn und Zweck sowie die Entwicklung dieser Einrichtung bis in die Gegenwart vor.
Einen Überblick über die Entfaltung der Landsmannschaft der Oberschlesier in Ratingen und vor allem über ihre Entwicklung, Probleme, Chancen und Möglichkeiten, die diese Institution hauptsächlich der jüngeren Aussiedlergeneration bieten kann, sprach der Kulturreferent der LdO, Christoph Martin Labaj. Er verwies in seiner Präsentation auf vorhandene Generationskonflikte, aber auch auf die positiven Entwicklungen innerhalb der LdO und nannte auch zahlreiche Lösungsvorschläge.
Die Krönung der Veranstaltung bildete ein Gespräch mit dem Filmemacher Andrzej Klamt, der seinen spannenden Film „Die geteilte Klasse“ vorstellte. Er begibt sich in dieser spannenden Dokumentation auf die Suche nach seinen ehemaligen Klassenkameraden aus der Grundschulzeit in Beuthen/Oberschlesien und lässt sie selbst ihre Schicksale schildern, die sie u.a. nach Deutschland verschlagen haben. Die anderen blieben in Oberschlesien. Mit vielen der erzählten Geschichten konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr gut identifizieren, was das abschließende Gespräch belegte.
Trotz überschaubarer Teilnehmerzahl, war die Tagung ein Erfolg, da die Gäste sich in den Inhalten der Vorträge nicht selten wiederfanden, im Rahmen der anschließenden Diskussionen ihre eigenen Erfahrungen mitteilten und es letztendlich zu regen Diskussionen kam. Nicht zuletzt bildet der Erfahrungsaustausch den Sinn und Zweck einer gelungenen Tagung, wie diese.
Adam Wojtala