TAGUNGEN

Den Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland und Polen kommt im Bereich der Verständigungsarbeit eine wichtige Rolle zu und gerade durch den binationalen Austausch kann der Blick für die sensiblen und spannungsreichen Aspekte in der deutsch-polnischen Geschichte geschärft werden. HAUS SCHLESIEN versucht hier mit seinen Tagungs- und Seminarangeboten einen Beitrag zu leisten.
OPA LEBT IN (OBER-) SCHLESIEN

OPA LEBT IN (OBER-) SCHLESIEN
Identitäten zwischen Deutschland und Polen
9. – 10. Juli 2022 im HAUS SCHLESIEN
Die Grenzregion Oberschlesien befand sich zwar bis 1945 seit Jahrhunderten innerhalb des deutschen Kulturkreises, ein Großteil seiner Einwohner hatte aber ebenso Bezüge zur polnischen Sprache und Kultur. Nach der Westverschiebung Polens wurden zahlreiche von ihnen auch aufgrund dieser Tatsache nicht in den Westen vertrieben, sondern oftmals unter Zwang in die polnische Gesellschaft integriert. Viele ergriffen jedoch die im Laufe der Zeit gegebenen Möglichkeiten, nach Deutschland auszusiedeln. Andere sahen für sich keine Perspektive im Westen, fern von der Heimat. Heute zählen sich viele von ihnen, die in Oberschlesien blieben, zu der seit 1991 dort anerkannten deutschen Minderheit.
„Bin ich Deutscher, bin ich Pole, vielleicht bin ich beides zugleich, oder einfach Oberschlesier?“ – mit diesen Fragen setzen sich im Laufe ihres Lebens zweifellos sehr viele in die Bundesrepublik eingewanderte, aber auch drüben verbliebene Oberschlesier auseinander. Andere dagegen haben eine deutlich gefestigtere nationale Identität und vertreten einen klaren Standpunkt. Die Gründe für diese unterschiedlichen Haltungen und die Beweggründe der Betroffenen nach Deutschland auszuwandern sind in den Verstrickungen der Geschichte dieser deutsch-polnischen Grenzregion zu suchen.
Das Seminar richtet sich vorrangig an (oberschlesische) Aussiedler, Spätaussiedler und deren Nachkommen sowie Interessierte mit (familiären) Bezügen nach Oberschlesien. Die eingeladenen Wissenschaftler, Autoren und Kulturschaffenden setzen sich während der zweitägigen Veranstaltung in Vorträgen, Lesungen und Präsentationen aus unterschiedlichen (persönlichen) Blickwickeln mit Begriffen wie Identität, Integration, Anpassung, Familie und familiäre Wurzeln auseinander und sprechen mit den Teilnehmern über ihre eigenen Erfahrungen.
Weitere Informationen und Anmeldung unter: kultur@hausschlesien.de, Tel.: 02244/886 234
Das Seminar ist offen für alle Interessierten. Die Anzahl der Teilnehmerplätze ist begrenzt.
Die Tagungspauschale (Übernachtung mit Frühstück, zwei Mahlzeiten, Kaffeepausen und Programm) beträgt 120 Euro, für Mitglieder des Vereins 110 Euro, ohne Übernachtung 75 Euro bzw. 65 Euro für Vereinsmitglieder (zwei Mahlzeiten, Kaffeepausen und Programm).

Opa lebt in (Ober-)Schlesien. Identitäten zwischen Deutschland und Polen
Inspiriert von der beliebten und mittlerweile etablierten Veranstaltung „Oma kommt aus Schlesien“ fand am 24. und 25. Juli eine Pilottagung unter dem Titel „Opa lebt in (Ober-)Schlesien“ statt. Die Gelegenheit zum neuen Format bot das Gedenkjahr 2021 – vor rund hundert Jahren wurden die Einwohner Oberschlesiens in einer, bis dato beispiellosen Abstimmung vor die Wahl gestellt, weiterhin als deutsche Staatsbürger oder als Angehörige des neugegründeten polnischen Staats zu gelten.
Im Gegensatz zur „Oma-Tagung“, die sich vor allem an die Nachkommen der vertriebenen Schlesier richtet, war die Veranstaltung hauptsächlich an die jüngere Erlebnisgeneration adressiert, deren Vertreter selbst Oberschlesien in der Volksrepublik Polen und der Zeit danach erlebt haben und die dort erlebten Erfahrungen teilen wollten. Die Einstufung als „Aussiedler“ oder „Spätaussiedler“ war aber selbstverständlich keine Voraussetzung zur Teilnahme, womit sich im Teilnehmerkreis auch Interessierte ohne oberschlesischen Background fanden.
Eingeladen waren Experten aus einschlägigen Institutionen, die sich in ihrem beruflichen Leben mit entsprechenden Aspekten rund um Kultur und Geschichte Oberschlesiens befassen – aus wissenschaftlicher, aber auch aus literarischer Perspektive. Die in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat für Oberschlesien zustande gekommene Veranstaltung bot Anlass auch äquivalente Referenten auftreten zu lassen, die bisher nicht die Gelegenheit hatten, ihr Expertenwissen dem Publikum des HAUS SCHLESIEN zu präsentieren.
Einen Einstieg in das Thema gaben Adam Wojtala vom Dokumentations- und Informationszentrum und der Kulturreferent für Oberschlesien, David Skrabania, die sich jeweils mit dem historischen Abriss der oberschlesischen Geschichte sowie der Genese der oberschlesischen Aussiedler in Deutschland befassten.
Spannende und ertragreiche Präsentationen boten dem Publikum die Mitarbeiter des Polen-Instituts in Darmstadt, Andrzej Kaluza und Matthias Kneip. Der erstgenannte referierte über die Situation der oberschlesischen Bevölkerung in der Volksrepublik Polen und ihren Beziehungen zu Verwandten in der Bundesrepublik Deutschland. Matthias Kneip sprach über seine persönlichen Begegnungen mit der eigenen Familiengeschichte und seine Suche nach den familiären Wurzeln in Oberschlesien.
Eine Premiere war auch der Auftritt des Leiters des Hauses der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Oppeln/Gleiwitz – Lucjan Dzumla, der eingehend über die Situation und Strukturen der deutschen Minderheit im heutigen Schlesien sprach und ihre Probleme sowie Errungenschaften vorstellte. Einen sehr persönlichen Blick auf Oberschlesien aus literarischer Perspektive stellte der im HAUS SCHLESIEN bereits gut bekannte Schriftsteller Matthias Nawrat vor, der seine oberschlesische Familiengeschichte in dem vielgerühmten Roman „Die vielen Tode unseres Opa Jurek“ eindrucksvoll verarbeitet hat.
Die Teilnehmer hatten nicht nur im Anschluss an die Vorträge Gelegenheit Fragen zu stellen und zu diskutieren, sondern ebenfalls in moderierten Runden ihre eigenen Erfahrungen zum jeweiligen Thema vorzustellen und sich gegenseitig auszutauschen.
Trotz des überschaubaren Teilnehmerkreises darf die Veranstaltung als gelungen betrachtet werden. Die Präsentationen entfachten immerhin rege und ertragreiche Diskussionen unter den Teilnehmenden, was die Verantwortlichen dazu ermutigte, das Format auch im folgenden Jahr 2022 anzubieten. Unter dem Vorbehalt der Entwicklungen rund um die COVID19-Pandemie wird die nächste „Opa“-Edition mit einem weiterentwickelten Programm und mit erneuter finanzieller Unterstützung durch das Kulturreferat für Oberschlesien der BKM voraussichtlich am 09. und 10. Juni 2022 im HAUS SCHLESIEN stattfinden.
OMA KOMMT AUS SCHLESIEN

OMA KOMMT AUS SCHLESIEN
Die Erinnerungen der Nachfahren
Ein Seminar für die Kinder und Enkel der Vertriebenen und alle Interessierten
8. – 9. Oktober im HAUS SCHLESIEN
Herkunftsgeschichten bewegen Familien – bis heute sind Fluchtschicksale dabei von großer Aktualität. Fragen nach Herkunft, Heimat und Identität sind jedoch selten eindeutig zu beantworten, besonders dann, wenn ein Teil der Vorfahren aus einer anderen Region kam. Mehr als 25 Prozent der Deutschen geben an, dass sie selbst oder ein Familienmitglied zu den deutschen Heimatvertriebenen zählen. Aufgewachsen mit den Geschichten „aus der Heimat“ oder auch nur mit einem undefinierbaren Gefühl, nicht hierher zu gehören: Viele Kinder und Enkel tragen an der Last der Erinnerungen und den Traumata der vertriebenen Vorfahren. Die Erfahrungen der Erlebnisgeneration haben ihre Spuren hinterlassen und prägen oft unbewusst bis heute ihr Leben und ihre Familien. Auch wenn sie bereits in der „neuen Heimat“ geboren wurden und keine eigenen Erinnerungen an Schlesien haben, übertrugen sich die Fluchterfahrungen und das Fremdheitsgefühl der Eltern auf die Nachkommen. Die aus der Erfahrung der Entwurzelung heraus entwickelten Verhaltensweisen und Ängste haben sich teilweise bis in die Enkelgeneration „vererbt“.
Das Seminar von HAUS SCHLESIEN und dem Kulturreferenten für Oberschlesien behandelt exemplarisch anhand der erzwungenen Fluchtsituation aus Schlesien Erfahrungen und Erkenntnisse zum Umgang mit Flucht und Vertreibung in den Familien. Einführende Fachvorträge von Wissenschaftlern und Autoren befassen sich mit ganz unterschiedlichen Aspekten und legen eine fundierte Grundlage für die jeweils anschließenden Gesprächsrunden, in denen die Teilnehmer die Thesen diskutieren und eigene Erfahrungen und Eindrücke austauschen können. Neben der Möglichkeit, anhand des vermittelten Wissens die Situation der Erlebnisgeneration aber auch die eigenen Erfahrungen nachvollziehen und einordnen zu können, soll vor allem der Austausch untereinander dazu beitragen, die individuelle Familiengeschichte aufzuarbeiten, sich mit den Gefühlen von Heimatlosigkeit auseinanderzusetzen und eigene Verhaltensmuster zu verstehen.
Weitere Informationen und Anmeldung unter: kultur@hausschlesien.de, Tel.: 02244/886231
Das Seminar ist offen für alle Interessierten. Die Anzahl der Teilnehmerplätze ist begrenzt.
Die Tagungspauschale (Übernachtung mit Frühstück, zwei Mahlzeiten, Kaffeepausen und Programm) beträgt 120 Euro, für Mitglieder des Vereins 110 Euro, ohne Übernachtung 75 Euro bzw. 65 Euro für Vereinsmitglieder (zwei Mahlzeiten, Kaffeepausen und Programm).

OMA KOMMT AUS SCHLESIEN – die Vierte
Die vierte Auflage des mittlerweile im Oktober zur Tradition gewordenen Seminars „Oma kommt aus Schlesien“ war für alle Beteiligten erneut ein großer Erfolg. Nicht nur, dass es wiederum ausgebucht war und eine Warteliste für 2022 angelegt werden musste, sondern auch die sehr aktive Mitwirkung der Enkelgeneration an den Gesprächen und das zum Teil tiefe Interesse an der Spurensuche in den Familien und der Region bestätigte uns als Veranstaltern, dass dieses Seminarformat eine große Lücke füllt.
Dank der finanziellen Förderung durch den Kulturreferenten für Oberschlesien, Dr. David Skrabania, der als Mitveranstalter ebenso wie die DIZ-Mitarbeiterinnen die Gesprächsrunden nach den Fachvorträgen moderierte, konnten erneut hervorragende Referentinnen und Referenten eingeladen werden. Zu den beliebten „Klassikern“ zählen Prof. Dr. Winfrid Halder, Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses Düsseldorf mit seinem anschaulichen geschichtlichen Einführungsvortrag und der Kölner Psychotherapeut Dr. Bertram von der Stein. Neu im Programm war diesmal die Kattowitzer Germanistin Dr. Renata Dampc-Jarosz, die die Verarbeitung des Heimatverlustes in der deutschen Literatur der Nachkriegsjahrzehnte vorstellte und das Werk der Schriftstellerin Ruth Storm in den Fokus rückte. Einen abschließenden Höhepunkt der beiden Tage bildete der Bericht der „Spiegel“ -Redakteurin Christiane Hoffmann, die im Januar 2020 alleine und zu Fuß den Fluchtweg ihres Vaters aus Rosenthal bei Brieg nachgelaufen war. Ihre Motivation, ihre Erlebnisse und Gedanken werden Anfang kommenden Jahres auch in einem Buch herauskommen.