Ein wärmendes Jäckchen und ein Mützchen für das Baby – das war in Kriegszeiten nicht leicht zu erwerben. Neben dem nötigen Geld, mussten dafür insgesamt acht Kleidermarken abgegeben werden, vorausgesetzt im Geschäft war überhaupt etwas in der passenden Größe verfügbar.
Seit Kriegsbeginn wurden nicht nur Lebensmittel rationiert, sondern auch andere Gebrauchsgegenstände wie Seife und Waschpulver sowie Schuhe und Textilien. Für den Erwerb von Kleidung führte die Wirtschaftsverwaltung im November 1939 die Reichskleiderkarte ein. Diese bestand aus einer bestimmten Anzahl durchnummerierter Abschnitte, von denen beim Verkauf eines Kleidungsstückes, eine jeweils vorgeschriebene Menge vom Verkäufer abzutrennen war. Auf jeder Karte befand sich hierfür rückseitig eine ausführliche Liste, die die Zahl der abzugebenden Kleidermarken aufführte und dabei sowohl nach Art der Textilie, als als auch nach Qualität und Stoff unterschied. Im Verlauf des Kriegs wurden insgesamt fünf Reichskleiderkarten ausgegeben mit jeweils unterschiedlich langer Gültigkeitsdauer. Die erste Karte war ab dem 29. November 1939 gültig, es folgte ab 5. September 1940 die zweite, die dritte ab 30. Oktober 1941, ab 4. Januar 1943 die vierte und eine letzte ab 18. September 1944. Je nach Alter und Geschlecht wurden unterschiedliche Reichskleiderkarten ausgegeben. Die fünfte erhielten ausschließlich Kinder und Jugendliche.
Für Säuglinge gab es eine spezielle Karte, sie enthielt 155 Abschnitte. Mit diesen musste nicht nur die gesamte Erstausstattung erworben werden, sondern sie musste auch für alle weiteren Kleidungsstücke, Windeln und Lätzchen, die im ersten Lebensjahr benötigt wurden, ausreichen. Während für eine Windel immerhin nur eine Marke abgegeben werden musste, benötigte man für das einfache Säuglingshöschen schon zwischen fünf und acht Abschnitte und für ein Schlafsäckchen oder Mäntelchen mussten bis zu 14 bzw. 15 Marken abgegeben werden. Dabei berechtigten die Marken lediglich zum Kauf, zusätzlich musste natürlich entsprechendes Geld bezahlt werden.
In den Wirtschaftsverwaltungen war man sich dessen bewusst, dass die Menge sehr knapp berechnet war, weshalb auf die Karte zusätzlich Ratschläge zum Sparen aufgedruckt waren. So wurde empfohlen, dass vor dem Kauf genau überlegt werden solle, welche Neuanschaffungen unvermeidbar seien, oder, dass aufgrund des schnellen Wachstums im ersten Lebensjahr, die Kleidung einige Nummern größer angeschafft werden solle.
Doch all diese Ratschläge waren spätestens zum Kriegsende obsolet, da der Mangel indes so groß war, dass weniger die knappen Marken als die mangelnde Verfügbarkeit das Hauptproblem darstellte.So galt es – nicht nur bei den Säuglingskleidern – zu improvisieren. Ein Beispiel für das Improvisationsgeschick der Mütter im Krieg ist das Babyjäckchen mit passender Mütze, das Anfang 1945 aus einem Zuckersack gestrickt und mit einem Stück Wäschestoffe gefüttert wurde.