GRENZLAND ZWISCHEN OST UND WEST
Schlesische Landkarten aus fünf Jahrhunderten
Anlaß zu dieser Ausstellung war das 10. Kartographiehistorische Colloquium vom 14. bis 16. September 2000 in Bonn. Dieses bedeutende internationale Colloquiums unter Federführung des Seminars für Historische Geographie der Universität Bonn (Direktor: Prof. Dr. Klaus Fehn) wurde ausgerichtet von der D-A-CH-Arbeitsgruppe deutscher, österreichischer und schweizerischer Kartographiehistoriker sowie dem Arbeitskreis „Geschichte der Kartographie“ (Leiter: Prof. Dr. Wolfgang Scharfe, FU Berlin) der Deutschen Gesellschaft für Kartographie (DGfK). Thematische Schwerpunkte des Colloquiums stellten die Untersuchung und Auswertung von Altkarten sowie neuere methodische Ansätze in der Kartographiegeschichte dar. Im Tagesprogramm war auch eine Exkursion in das Haus Schlesien, um die dortige Landkartenausstellung zu besichtigen.
Die fachliche Betreuung der Landkartenausstellung übernahmen Manfred Spata (Bonn, http://home.t-online.de/home/spata.bonn) und der Leiter des Museums für schlesische Landeskunde, Dr. Stephan Kaiser, die aus ihren Sammlungen den Grundstock der Exponate zur Verfügung stellen. Darüber konnten kompetente Leihgeber einbezogen werden: Die Kartenabteilung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin (Dr. Klaus Lindner) sowie die Privatsammlungen Dr. Thomas Niewodniczanski in Bitburg und Prof. Dr. Fritz Hellwig in Bonn. Das garantierte eine exklusive Auswahl seltener Atlanten und Manuskriptkarten, wie sie seit Jahrzehnten nicht häufig der Öffentlichkeit zur Schau gestellt worden ist.
Die ausgewählten Exponate belegten über 400 Jahre schlesische Kartengeschichte und damit auch die wechselvolle Geschichte Schlesiens vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Die älteste Karte stammte aus dem Jahre 1544, es ist die Schlesien-Karte aus der „Kosmographie“ des Sebastian Münster. Die jüngste Karte gehört zum polnischen Atlas von Nieder- und Oberschlesien (Atlas Slaska dolnego i opolskiego) aus dem Jahre 1997. Den Kernbestand der Ausstellung bildeten die Drucke der privaten Kartographie in Deutschland, Niederlande, Frankreich und Italien, darunter als Rarität die de-Jode-Karte von Schlesien 1593 (Sammlungen Haus Schlesien und Spata). Als weitere Besonderheit ist die sehr seltene Helwig-Karte von Schlesien 1561hervorzuheben, deren Nachdruck des Jahres 1738 der schlesische Historiker Christian Runge veranlaßte (Sammlung Hellwig). Kopien der Helwig-Karte enthalten die Curaeus-Chronik 1601 und die Kern-Chronik 1710 von Schlesien (Haus Schlesien).
Besonderer Blickfang waren die umfangreichen Atlanten von Ortelius 1570/1603, Mercator 1595, Blaeu 1662 und Schenk & Valk nach 1695, die verschiedene Scultetus-Karten der schlesischen Fürstentümer enthalten (Sammlung Niewodniczanski). Französische und italienische Reiseatlanten des 18. Jahrhunderts dokumentierten das seinerzeitige Informationsbedürfnis der Adelswelt (Sammlung Hellwig).
Im Mittelpunkt der Ausstellung standen die großformatigen Karten der habsburgischen und preußischen Militärkartographie, u.a. die Rehdanz-Karte 1744 (Kartenabteilung Staatsbibliothek Berlin), die Lidl-Karte 1745 (Sammlung Niewodniczanski), der Homännische „Atlas Silesiae“ 1751 (Haus Schlesien) sowie Manuskriptkarten von Regler 1764, Schmettau 1781, Hammer 1782 und Massenbach 1796 (Staatsbibliothek Berlin). Ein silbernes Medaillon enthält zu Ehren des preußischen Königs Friedrich II. in einem winzigen Leporelloalbum die Schlachtenpläne der drei schlesischen Kriege sowie die kleinste Schlesien-Karte der Ausstellung (Sammlung Niewodniczanski).
Die Gruppe der thematischen Landkarten umfaßte u.a. eine anonyme Oderstromkarte um 1700, eine Reilly-Schulkarte von Schlesien und Polen 1792, eine Geologiekarte der Mittelsudeten des Breslauer Professors von Raumer 1818 und eine schlesische Flußkarte von Weiland 1821. Preußische Wirtschafts- und Eisenbahnkarten dokumentierten die wachsende Bedeutung der schlesischen Montanindustrie im 19. Jahrhundert.
Zum Abschluß wurden Wanderkarten und Panoramen des 19. und 20. Jahrhunderts präsentiert, die den aufstrebenden Tourismus zu den Naturschönheiten der Mittelsudeten belegten.
Aus den Kartenwerken der preußischen Landesaufnahme wurden in allen Maßstäben exemplarische Einzelblätter gezeigt, ebenso das Luftbildplanwerk des Deutschen Reiches (Sammlung Spata). Bereichert wurde die Landkartenausstellung durch zeitgenössische Meß- und Aufnahmeinstrumente, Leihgaben des Vermessungstechnischen Museums in Dortmund.
Die Ausstellung wurde anschließend aus Anlaß der Kulturtage der Woiwodschaft Oppeln in Rheinland-Pfalz in der Hauptstelle des Bundesarchives, Koblenz, gezeigt.
Die Ausstellung dokumentiert ein Katalog mit sämtlichen Betextungen.