In eine gute Ehe musste man schon etwas investieren – nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch bares Geld, wenn es zum Beispiel um die Aussteuer ging. Diese war immerhin eine Investition in die Zukunft und da war das Beste gerade gut genug. Das mag auch Emma Böhm gedacht haben, als sie sich zum Einkauf im Leinenhaus Bielschowsky in Breslau entschlossen hat. Immerhin warb das Textilgeschäft seinerzeit nicht nur damit „Schlesiens grösstes Specialhaus für Wäsche jeder Art“ zu sein, sondern war 1916 auch kaiserlich-königlicher Hoflieferant Österreich-Ungarns. Ob Emma Böhm die rund 150 Kilometer von Leobschütz nach Breslau gereist ist, um sich ihre Kissen und Decken, ihre Wäsche und Handtücher selbst auszusuchen, ist aus der Rechnung nicht zu ersehen. Wahrscheinlich hat sie jedoch daheim in aller Ruhe den Katalog studiert und die Bestellung schriftlich aufgegeben.
Die Entscheidung, die Aussteuer in dem traditionsreichen Kaufhaus Bielschowsky zu kaufen, mag durch Empfehlung oder aufgrund der Werbung erfolgt sein, ausschlaggebend war aber sicher auch die Angebotsvielfalt. Ein Blick in die Preisliste aus der Saison 1924/25 zeigt eine große Auswahl: Von Damen- Herren- und Kinderwäsche, über Ober- und Berufsbekleidung, Bett- und Tischwäsche, Handtücher, Taschentücher und Schürzen bis zu Gardinen und Teppichen war alles dabei. Was die Ausstattung mit Textilien anging, blieb das Leinenhaus der heiratswilligen jungen Dame nichts schuldig. Die ganze „Haupt-Preisliste 1924 – 1925“ ist unter: https://www.difmoe.eu/ einsehbar.
Das Leinenhaus Bielschowsky in der Nikolaistraße in Breslau war seinerzeit eines von zahlreichen Warenhäusern in der Stadt. Gegründet hatte es der jüdische Kaufmann Eduard Bielschowsky (1830 – 1906) im Jahr 1865. Er entstammte, wie auch Adolf Bielschowsky (1833 – 1898), Besitzer der „Sozietät der Großen Mühle Bielschowsky & Co“, und Alfred Bielschowsky (1871 – 1940), Professor für Augenheilkunde an der Universität Breslau, der bekannten jüdischen Kaufmannsfamilie Bielschowsky. Die Gräberder genannten Familienangehörigen befinden sich alle auf dem Alten Jüdischen Friedhof in der Lohestraße. Weitere Filialen des Breslauer Warenhauses gab es im oberschlesischen Beuthen sowie in Gleiwitz.
Schon Anfang 1934 konnte die Familie angesichts der zunehmend judenfeindlichen Politik der Nationalsozialisten ihr Geschäft nicht mehr in der bisherigen Weise fortführen und sah sich gezwungen, es für 8000 Reichsmark zu veräußern. Auf Druck der Nationalsozialisten wurde das Kaufhaus bald darauf „arisiert“ und so schied nicht nur Emanuel Bielschowsky aus der GmbH aus, sondern es wurden auch sämtliche jüdische Angestellte entlassen. Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrades nutzte der neue Besitzer den Namen weiter und bewarb sein Warenhaus mit „Georg Wiedersum vormals Leinenhaus Bielschowsky“. Das hatte, wie aus Zeitzeugenberichten hervorgeht, zur Folge, dass das Kaufhaus – obwohl nicht mehr in jüdischem Besitz –in der Reichspogromnacht allein aufgrund des Namens verwüstet wurde.