Prachtvolle Kostüme vor der malerischen Kulisse des Oderwaldes zwischen Beuthen und Carolath – auf 15 Schwarz-Weiß-Fotografien festgehalten sind hier Szenen aus den Beuthener Heimatspielen von 1925. Ein, wie ein Zeitzeugenbericht belegt, äußerst beeindruckendes Ereignis, das große Menschenmengen anlockte.
Der größtmögliche Bühnenhimmel, ein großes Ensemble und dekorative, historische Kostüme – das macht den Charme von Open-Air-Festspielen aus. Ganz egal ob weltberühmt oder nur regional bekannt, unterhalten und faszinieren sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts Bürgertum und Volk. In der Literaturwissenschaft als „Gelegenheitsdichtung“ bezeichnet, wird diese Art von Theaterstücken in einen für den Aufführungsort historisch bedeutenden Kontext eingebettet.
Nicht anders war es mit den Heimatspielen Beuthen-Carolath: Auf einer Waldlichtung nahe dem Oderufer zwischen Schloss Carolath und der Stadt Beuthen a. d. Oder wurde dort in den 1920er Jahren, Lokalgeschichte theatralisch inszeniert. Das 1925 aufgeführte Stück „Die Glocke im Walde“ war ein in den Kontext des Dreißigjährigen Krieges eingebettetes Liebesdrama. Verfasst hatte es Konrad Urban, der u. a. auch „Die Hussiten vor Löwenberg“ für die Festspiele in Löwenberg geschrieben hatte. In seinem für die Beuthener Waldbühne gedichteten Schauspiel rang der von den Schweden verfolgte Heidegraf um die Gunst Walburgas. Über insgesamt fünf Akte bot das Stück allerlei spannende Ereignisse und tragische Wendungen, bis die Glocke im Walde endlich zur Hochzeit des Heidegrafen mit Walburga läuten konnte.
Vom 17. Mai bis 25. Mai 1925 fand auf der links der Oder gelegenen Bühne täglich um 15.15 Uhr an den Sonntagen sowie am Himmelfahrtstag zusätzlich um 17.15 Uhr eine Aufführung statt. Die Karte kostete zwischen 50 Pfennig auf einem Stehplatz bis zu 4 Mark auf dem Sperrsitz, hinzu kam noch ein Brückenzoll von 5 Pfennig pro Brückenquerung. Für Schulklassen und Jugendgruppen gab es Sonderpreise.
Davon, dass die Heimatspiele weit über Beuthen hinaus bekannt waren, zeugt schon die Tatsache, dass sogar ein Führer zu den Heimatspielen entstanden ist. Diesem konnte man auch die Eisenbahnverbindungen entnehmen, wann man wo abzufahren habe, um pünktlich zur Vorstellung einzutreffen. Das Einzugsgebiet, aus dem das Publikum anreiste, schien groß zu sein, reicht der Radius der ausgewiesenen Zugverbindungen doch bis Breslau Grünberg und Görlitz. Zusätzliche Züge an den Sonn- und Feiertagen sowie eine Dampfschifffahrtsverbindung auf der Oder sollten die Anreise zusätzlich erleichtern.
Eröffnet wurden die Heimatspiele am Sonntag, 17. Mai mit einem großen historischen Umzug durch das festlich geschmückte Beuthen. Ein Spektakel, dass sich, wie dem erwähnten Bericht zu entnehmen ist, zahlreiche Menschen anschauen wollten. So heißt es dort „Vom Rathausturm wehen weit sichtbar die Fahnen, auf allen Landstraßen Gefährte aller Art mit dem Ziele Beuthen. Die Bahn bringt Tausende von Besuchern. Welch ein erwartungsfrohes Leben auf den blitzblanken Strassen.“
Im Anschluss an den Festzug begaben sich, den Schilderungen nach, die Menschenmassen zur Waldlichtung, die gesäumt war mit „luftigen Schankzelten“ und „prächtigen Würstelbuden“. Etwas abseits des bunten Treibens hinter Büschen und Bäumen befand sich die Freilichtbühne. Neben einem guten Dutzend Hauptdarsteller umfasste das Ensemble eine große Menge an Nebendarstellern und Statisten: angefangen von den Kindern die im ersten Akt mit Walburga den Frühling herbeisangen, über die kaiserlichen Landsknechte und schwedischen Reiter bis zu den Heidejägern.
Wem nach dem beeindruckenden Spektakel der Sinn noch nach etwas Natur stand, dem empfahl der eigens zu dem Ereignis herausgegebene Reiseführer noch einen Spaziergang zum „nur 4 km entfernt liegenden Schloss Carolath mit seiner Fliederblüte“.