Während des Zweiten Weltkriegs befanden sich in Bunzlau viele Zwangsarbeiter. Diese wandten sich im Jahr 1944 an den damaligen Pfarrer Paul Sauer mit der Bitte, einen Abendgottesdienst für sie zu halten. Der Priester willigte ein, obwohl es gegen die damaligen Vorschriften verstieß. Seitdem wurde einmal im Monat ein Gottesdienst für die polnischen Zwangsarbeiter abgehalten. Die Teilnehmer beteten für den Frieden in der Welt.
Die damalige deutsche Politik stand im Widerspruch zu den Überzeugungen des 1893 in Bielitz (heute Bielice), Kreis Neisse geborenen Priesters. Deshalb war er bereits vom 21. April bis 12. Mai 1942 für drei Wochen in Liegnitz in Haft gewesen. Der Grund seiner Inhaftierung war seinerzeit das Verkünden gegen „den Staat gerichteter„ Bemerkungen bei der Lesung des Hirtenbriefes von Kardinal Bertram am ersten Adventssonntag (30. November) 1941.
Als Ende Januar 1945 Nachrichten über die nahende Front nach Bunzlau kamen, wurde bald darauf mit der Evakuierung der Einwohner begonnen – am 11. Februar um 7 Uhr früh fuhr der letzte überfüllte Zug ab. Am Tag darauf nahm die Rote Armee Bunzlau ein. In der Stadt verblieben nur wenige Einwohner, Zwangsarbeiter sowie französische, italienische und belgische Kriegsgefangene. Als einziger Geistlicher blieb Pfarrer Sauer in der Stadt und mit ihm seine Schwester Anna sowie die Elisabeth-Schwestern, die die Kranken pflegten. Pfarrer Sauer kümmerte sich um die unter seine Obhut gestellte Bevölkerung, versuchte alles zu sichern, was noch zu retten war, hielt Gottesdienste ab, wenn man ihn darum bat – egal, ob für Katholiken oder Protestanten – und beerdigte alle Verstorbenen, ob Kriegsgefangene oder russische Soldaten. Nach Ankunft des Vikars Jan Motyka und Superintendent Wilhelm Pape wurde Priester Sauer etwas entlastet. Seitdem hielt er dienstags, freitags und sonntags die Gottesdienste für die deutsche Bevölkerung ab.
Aufgrund einer Anzeige des holländischen Arztes Dr. Georg van Taal, Tarnname „Git“ wurde Pfarrer Sauer im April 1946 verhaftet. Van Taal war seit 1. Januar 1946 geheimer Mitarbeiter des Sicherheitsamtes. Pfarrer Sauer wurde im Sitz des Sicherheitsamtes festgehalten. Die ihm gegenüber vorgebrachten Vorwürfe wurden mehrmals geändert. Auch in Untersuchungshaft sprach er durch Gebete und Gesang seinen Mithäftlingen Mut zu, doch die grausame Behandlung während der Verhöre entkräfteten ihn schnell. Am 24. Juni wurde er in kritischem Zustand ins St. Joseph-Pflegeheim der Elisabeth-Schwestern überführt, wo er kurz darauf verstarb.
Die Erinnerung an Priester Sauer ist immer noch lebendig. Seit 2014 erinnert ein Obelisk im Hinterhof des Gebäudes, in dessen Keller Pfarrer Sauer gefangen gehalten wurde in deutscher und polnischer Sprache an den letzten deutschen Priester von Bunzlau.
Dieser Blogbeitrag ist ein Gastbeitrag des Keramikmuseums in Bunzlau (Muzeum Ceramiki w Bolesławcu). Das Bildmaterial entstammt der Sammlung des Museums. Mehr zum Museum und seinen Ausstellungen unter: http://www.muzeum.boleslawiec.net/pl/site
Autor: Anna Puk