Aktuelle Statistiken belegen, dass der Frauenanteil unter den Studierenden im Fachbereich Medizin in Deutschland heute deutlich über 50 Prozent liegt. Als Margarethe Galinsky 1917 ihr Studium aufnahm, lag der Frauenanteil weit darunter. Dass es ihr überhaupt einmal möglich sein würde, an einer Universität Medizin zu studieren, war bei Margarethes Geburt nicht einmal abzusehen. Denn als sie 1897 in Pogorzel (Großpolen) geboren wurde, war Frauen die Immatrikulation an deutschen Universitäten noch gar nicht gestattet. Hielt man doch Frauen für „in körperlicher wie geistiger Beziehung für völlig ungeeignet“ ein Medizinstudium zu absolvieren bzw. diesen Beruf auszuüben. Erst am 20. April 1899, beschloss der Bundesrat, Frauen im Deutschen Reich offiziell zum Medizin-, Zahnmedizin- und Pharmaziestudium zuzulassen.
Mitten im Ersten Weltkrieg begann Margarethe Galinsky dann in Halle ihr Medizinstudium, wechselte aber bereits zum Wintersemester 1917/18 an die Universität Breslau. Hier beendete sie – unterbrochen nur von einem einsemestrigen Aufenthalt im badischen Freiburg – ihr Studium nach fünf Jahren erfolgreich. Ihre Prüfung bestand sie am 24. Juni 1922 mit der Note gut und nach Tätigkeiten als Medizinalpraktikantin in Berlin und Breslau erlangte sie im Oktober des Folgejahres ihre Approbation. Sie absolvierte noch einen Lehrgang in sozialer Hygiene und schloss kurz darauf auch ihre Promotion mit Erfolg ab. Es folgten Tätigkeiten in verschiedenen Breslauer Krankenhäusern sowie in einer Hebammenlehranstalt und Frauenklinik in Ostpreußen.
Im Jahr 1930 wurde sie Leiterin des neu eingerichteten Gesundheitsamtes in Weißstein im Kreis Waldenburg, dessen Auflösung drei Jahre später allerdings zur Kündigung führte. Doch hatte sie das Glück, kurz darauf in Breslau als Schulärztin eine Anstellung zu finden, was ihr schließlich auch die Verbeamtung einbrachte. Dass sie diese Stelle bis kurz vor Kriegsende inne hatte, ist angesichts ihrer wohl eher ablehnenden Haltung gegenüber dem nationalsozialistischen Regime erstaunlich. Aus mehreren Zeugenaussagen im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens geht jedenfalls hervor, dass sie nicht nur kein Parteimitglied war, sondern gegenüber befreundeten Kollegen auch offen Kritik an der Politik der Nationalsozialisten äußerte.
In der Zeit bis zu Vertreibung war sie in einem Krankenhaus in Striegau tätig. Ob sie hier schon vor Kriegsende, unmittelbar nach der Flucht aus Breslau gearbeitet hat, geht aus den Unterlagen nicht hervor, nachgewiesen ist ihre Tätigkeit erst durch entsprechende polnisch- bzw. russischsprachige Bescheinigungen aus dem Sommer 1945.
Aufgrund der entlastenden Zeugenaussagen erhielt Margarethe Galinsky im März 1947 den entlastenden Bescheid von der Militärregierung in Mönchen-Gladbach, dass im Zuge des Entnazifizierungsverfahren „keine Bedenken“ ihr gegenüber vorlägen. So konnte sie unmittelbar an ihre alte Tätigkeit anknüpfen und bis zu ihrer Pensionierung in Mönchengladbach als städtische Medizinalrätin im dortigen Gesundheitsamt arbeiten.